Papier: 2.1.2 Chancen interaktiver Medien

Version: "Kleinigkeiten"

1 Interaktive Medien bieten vielfältigste Potentiale, aber
2 auch spezifische Risiken für die unterschiedlichen
3 Nutzergruppen. Dabei differiert die Bewertung naturgemäß, je
4 nachdem ob eine Eigeneinschätzung des Endnutzers oder eine
5 Fremdbewertung, zum Beispiel durch Eltern oder Erzieher,
6 vorgenommen wird.
7
8 1.2.1. Stellenwert Internet-basierter Kommunikation
9 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
10 PG-Mitglieder.)
11
12
13 Als Ausgangserkenntnis ist für die Kommission von besonderer
14 Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche selbst das Internet
15 in erster Linie als nicht mehr wegzudenkende Bereicherung
16 sowie als hilfreiches Instrument im gesellschaftlichen wie
17 auch Lernalltag begreifen. Anders ausgedrückt: Das Netz ist
18 für Kinder und Jugendliche Normalität. Entsprechend
19 dominieren Positiverfahrungen sowie die Forderung nach
20 stärkerer Einbeziehung des Alltagsmediums Internet in das
21 Schul- und Ausbildungsumfeld die Bewertung und
22 Erwartungshaltung von Kindern und Jugendlichen.
23
24 Jugendliche zwischen 12- bis 19 verbrachten 2010
25 durchschnittlich 138 Minuten pro Tag im Internet (JIM 2010).
26 Auch die Jüngeren sind zunehmend im Netz: Nach Schätzung der
27 befragten Haupterzieher verbringen die Sechs- bis
28 13-Jährigen durchschnittlich 24 Minuten pro Tag im Internet
29 (KIM 2010). Ein Viertel der Sechs- bis 13-Jährigen will
30 nicht mehr auf Computer und Internet verzichten (KIM 2010).
31 Dessen ungeachtet spielt allerdings auch das traditionelle
32 Medium Fernsehen weiterhin eine zentrale Rolle.
33
34 Eine Umfrage des BITKOM [1] im November 2010 bestätigt und
35 differenziert diese Befunde:
36
37 • 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, sich ein
38 Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen zu können. In der
39 Gruppe der 16-18-Jährigen sagen dies sogar 55 Prozent.
40
41 • 98 Prozent der Jugendlichen sind in besonderem Maße
42 Freundschaften und Familie (96 Prozent) wichtig, 86 Prozent
43 sagen dies vom Internetzugang.
44
45 • Der Internetzugang ist Jugendlichen damit fast genauso
46 wichtig wie gute Schulnoten (93 Prozent).
47
48 Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche das
49 Internet als normales Instrument ihres Alltags begreifen.
50 Dementsprechend prägt auch Normalität die Bewertung der
51 Chancen und Gefahren.
52
53 Konkret befragt nach positiven und negativen Erfahrungen
54 ergab sich folgendes Bild:
55
56 • 64 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie
57 ihr Wissen dank des Internets verbessern konnten.
58
59 • 38 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie durch das
60 Internet die eigenen Leistungen in der Schule bzw. in der
61 Ausbildung verbessert haben.
62
63 • 28 Prozent haben über das Internet neue Freunde
64 kennengelernt.
65
66 Jeder vierte Jugendliche berichtet, dass in seinem
67 Freundeskreis schon einmal jemand im Internet fertig gemacht
68 wurde (JIM 2010). Allerdings machen die Befragungen auch
69 deutlich, dass die Gefahrwahrnehmung der Jugendlichen und
70 die von Eltern und öffentlichem Diskurs abweichen
71 (Jugendliche verweisen der JIM Studie 2010 zufolge etwa eher
72 von Abzocke und Datenmissbrauch/-manipulation sowie Viren
73 als auf sexuelle Ansprache im Netz).
74
75 1.2.2. Insbesondere: Social Media
76 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
77 PG-Mitglieder.)
78
79
80 Innerhalb von Social Communities nehmen Kinder und
81 Jugendliche deutliche
82 Wertungsdifferenzierungen vor:
83
84 • Von den durchschnittlich gut 130 Personen in der
85 Kontaktliste werden lediglich 36 von den Nutzern als gute
86 und enge Freunde bezeichnet.
87
88 • Knapp jeder Fünfte ist über das Internet schon einmal
89 beleidigt oder belästigt worden, acht Prozent der Befragten
90 gaben an, dass über sie im Netz Lügen verbreitet wurden.
91
92 • Mit zunehmendem Alter und zunehmender Internetnutzung
93 steigt auch der Anteil weiterer negativer Erlebnisse wir
94 sexuelle Annäherung (zumeist auf gleicher Altersebene),
95 Betrug (z. B. beim Einkaufen im Internet) oder die
96 Veröffentlichung peinlicher Fotos.
97
98 • So bekennen acht Prozent der 16-18jährigen, dass bereits
99 peinliche Fotos von ihnen im Netz durch Dritte
100 veröffentlicht wurden. 10-12jährige kennen dieses Problem
101 dagegen praktisch noch nicht.
102
103 [1] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
104 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Studie_Jugend_2
105 .0.pdf. Dort finden sich insbesondere auch Einzelheiten zu
106 den Abstufungen zwischen den Altersgruppen.
107
108 Eine andere BITKOM-Studie [2] untersuchte im März 2010 das
109 Zusammenwachsen der Lebens- und Technikwelten der Deutschen.
110 Hier standen anders als bei der Untersuchung „Jugend 2.0“
111 auch die Erwachsenen und Senioren im Fokus. Die Ergebnisse
112 waren ebenso markant.
113
114 • 58 Prozent der befragten Gesamtbevölkerung können sich ein
115 Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen; für die
116 14-29jährigen ist es sogar das wichtigste Medium (86
117 Prozent).
118
119 • 62 Prozent gaben an, durch die Nutzung des Internets ihre
120 Allgemeinbildung verbessert zu haben; 51 Prozent sagten dies
121 über ihre berufliche Bildung.
122
123 • 44 Prozent konnten über das Internet berufliche Kontakte
124 knüpfen; 57 Prozent Freundschaften auffrischen und 46
125 Prozent ihre Freizeit/Hobbys bereichern.
126
127 • 48 Prozent der Internetnutzer geben an, vor einem größeren
128 Kauf entsprechende Bewertungen anderer Verbraucher zu Rate
129 zu ziehen; bei den Surfern ab 65 Jahren sind es sogar 65
130 Prozent.
131
132 Deutlich wurde in der Studie auch, dass die Mehrheit der
133 Befragten (72 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen)
134 noch keine negativen Erfahrungen im Internet gemacht hat.
135 Sexuellen Belästigungen, Beleidigungen, Lügen oder Mobbing
136 im Web waren bislang nur wenige ausgesetzt.
137
138 Die Untersuchung zeigt zudem, dass heute 62 Prozent der 50
139 bis 64jährigen online sind. Unter den Senioren über 65
140 Jahren ist jedoch nur jeder Dritte (32 Prozent) im Internet.
141 Das bedeutet, dass die Erwachsenengeneration inzwischen gut
142 vernetzt ist. Der "digitale Graben" bleibt indes bestehen,
143 hat sich allerdings weiter nach hinten verschoben (65 Jahre
144 und älter).
145
146 [2] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
147 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Connected_World
148 s_Extranet.pdf
149
150 Ein weiterer Aspekt der generationsübergreifenden
151 Internetnutzung ist folgender: während Untersuchungen in den
152 1990er Jahren eine Tendenz zur Isolierung durch
153 Online-Netzwerke belegten, zeigen jüngere Studien wie
154 „Social Consequences of the Internet for Adolescents“ von
155 Patti Valkenburg und Jochen Peter (Universität Amsterdam,
156 2009) nun, dass soziale Netzwerke der Kontaktpflege
157 vorrangig in der physichen Welt dienen.
158
159 Insgesamt betrachtet liegen die Chancen der Vernetzung im
160 ungehinderten Austausch und in der Vielfalt der online
161 verfügbaren Informationen bzw. Inhalte. Darüber hinaus
162 bieten interaktive Medien niedrig schwellige Möglichkeiten
163 der Wissensvermittlung, der Orientierung, der
164 Kreativitätsförderung, der Bildungssozialisation sowie der
165 Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Debatten.
166
167 In ihrer Abhängigkeit vom Netzzugang und den Endgeräten,
168 beschränken sich die Chancen interaktiver Medien aber auf
169 diejenigen, die sich Internet leisten können und denen die
170 entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Eine
171 Fokussierung gesellschaftlicher Teilhabe ohne die Definition
172 des Internet (und damit dem Zugang zu interaktiven Medien)
173 als Grundversorgung schließt diejenigen aus, denen die
174 Mittel für den Onlinezugang und die notwendige Infrastruktur
175 fehlen.
176
177 Das Projekt „Die Bedeutung des Internets für
178 gesellschaftliche Teilhabe - am Beispiel alltäglicher
179 Praktiken Erwerbsloser“ der TU Hamburg-Harburg
180 beispielsweise zeigt, dass gerade auch Erwerbslose, die
181 finanziell in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, diese
182 Chancen sehen und nach Möglichkeit nutzen, um so am
183 gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
184
185 Medienkompetenz in Gesellschaft, öffentlichem Leben und
186 Politik
187
188
189 Interaktive Medien dienen der vielfältigen
190 Informationsbeschaffung. Ebenso eröffnen sie breiten
191 Bevölkerungsteilen ganz neue politische Beteiligungsformen.
192 Sie sind geeignet, Entscheidungsprozesse von
193 gesellschaftlicher Bedeutung transparent und nachvollziehbar
194 werden zu lassen. Gleichzeitig schaffen sie die Möglichkeit,
195 Meinungen zu verbreiten und
196 damit die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Dies
197 geschieht vor allem dadurch, dass Menschen unabhängig von
198 Ort und Zeit direkt miteinander kommunizieren können.
199
200 (Kürzung des folgenden Abschnitts bis 16. März 2011 durch
201 PG-Mitglieder.)
202
203 Beispiele für diese Rolle interaktiver Medien gibt es
204 unzählige. Zuletzt war es die
205 Mobilisierung und Vernetzung der Protestierenden in den
206 arabischen Staaten Nordafrikas, mit der die dortigen
207 politischen Umbrüche eingeleitet und (bis zur Abschaltung
208 der Netze) mit organisiert wurden. Darüber hinaus erweisen
209 sich von weiten Teilen der Bevölkerung nutzbare digitale
210 Medien als vormals nicht existierende Quellen für große
211 Teile der Berichterstattung aus Krisengebieten, insbesondere
212 wenn klassischer Journalismus durch Arbeitsverbote und
213 Zensurmaßnahmen behindert oder unmöglich gemacht wird. Als
214 ein
215 anderes Beispiel politischer Partizipation, die durch
216 interaktive Medien gestützt wird, wird oft der
217 US-Präsidentschaftswahlkampf Barack Obamas 2008 angeführt.
218 Zwar war die Grundlage seiner Strategie die Überzeugung von
219 Wählern an ihren Haustüren, die Organisation, Information
220 und Motivation der eigenen Wahlkampfhelfer fand aber über
221 interaktive Medien statt und hat eine außergewöhnliche
222 Breite erreicht. Auch der Erfolg der E-Petitionen beim
223 Deutschen Bundestag zeigt die Potentiale der
224 Online-Beteiligung an politischen Prozessen.
225 Bürgerbeteiligungen auf kommunaler und lokaler Ebene wie
226 beispielsweise Bürgerhaushalte werden für größere
227 Bevölkerungsteile attraktiv, wenn die dazugehörigen
228 Informationen und Materialen orts- und zeitunabhängig nicht
229 nur während der Öffnungszeiten eines Rathauses ausliegen,
230 sondern online abruf- und bearbeitbar sind. Um an all diesen
231 Facetten politischer Beteiligung aktiv teilnehmen zu können,
232 braucht es einen entsprechenden kompetenten Umgang mit den
233 dazugehörigen Medien.
234
235 Aber nicht nur die nahezu unbegrenzten
236 Informationsmöglichkeiten und die Chance, über Kommentare,
237 Foren oder eigens erstellte Blogs und Accounts in
238 Online-Netzwerken an gesellschaftlichen Prozessen
239 teilzuhaben, zeigen auf, wie wichtig Medienkompetenz für
240 eine demokratische Teilhabe ist. Auch der Umstand, dass
241 immer mehr Entscheidungsprozesse ganz oder zumindest
242 teilweise digital stattfinden, machen die Wichtigkeit eines
243 kompetenten Umgangs mit interaktiven Medien deutlich.
244
245 Dies reicht von nur noch digital verfügbaren Informationen
246 und Hilfestellungen für Anträge bei Jobcentern,
247 Versicherungen, Banken etc. über Meinungsbildungs- und
248 Beteiligungsprozesse in beispielsweise öffentlichen
249 Konsultationen oder kommunalen Bürgerhaushalten bis hin zu
250 Abstimmungen und Wahlen. Letztere sind zwar bisher noch
251 selten online. Projekte wie Liquid Feedback oder virtuelle
252 Ortsverbände von Vereinen und Parteien aber existieren – und
253 sie werden zahlreicher.
254
255 Medienkompetenz in Bildung,Wirtschaft und Arbeitsleben
256 (Inhaltliche Straffung des Abschnitts durch PG-Mitglieder
257 bis 16. März 2011.)
258
259 Medienkompetenz gilt heute als Querschnittkompetenz. Sie
260 muss als Teil des Bildungskanons bei der Qualifizierung für
261 den Beruf oder eine selbstständige unternehmerische
262 Tätigkeit begriffen werden. Unternehmen aller Branchen sind
263 heute darauf angewiesen, dass Arbeitnehmer verschiedene
264 Fertigkeiten im Umgang mit Informationstechnologien im
265 Allgemeinen und dem Internet im Besonderen als
266 Begleitfähigkeit zu den jeweiligen berufsspezifischen
267 fachlichen Kernkompetenzen mitbringen und nicht erst
268 erwerben müssen. Im IT-Sektor bilden die entsprechenden
269 Fähigkeiten regelmäßig selbst die maßgebliche fachliche
270 Qualifikation.
271
272 Medienkompetenz in ihrer Dimension als Methodenkompetenz bei
273 der Nutzung von Informationstechnologie, aber auch in ihrer
274 Dimension als Bewertungskompetenz bildet vor diesem
275 Hintergrund einen maßgeblichen Wirtschafts- und
276 Standortfaktor für Deutschland. Sie ist eine
277 Schlüsselqualifikation des High-Tech-Sektors und eine
278 Basisqualifikation nahezu sämtlicher Wirtschaftsumfelder bis
279 hin zum Handwerk. Die Kommission bewertet es daher als
280 erfreulich, dass Kinder und Jugendliche das Internet und den
281 Umgang damit als normalen Alltagsbestandteil empfinden, der
282 mit sämtlichen anderen Lebensaktivitäten eng verbunden
283 ist.
284
285 Darauf aufsetzend müssen Lernangebote in der Schule, in der
286 Berufsausbildung, im Studium und in der Weiterbildung
287 verstärkt Qualifikationen der professionellen Nutzung von IT
288 und Internet vermitteln. Dies reicht von der Bedienung
289 herkömmlicher Standard-Office- Anwendungen über
290 Grundkenntnisse im Bereich Datenbanken und Customer
291 Management bis hin zu Bereichen wie Web-Publishing und
292 Social Media. Zu bevorzugen ist dabei immer eine Einbindung
293 der Vermittlung von Methodenkompetenz entlang der fachlichen
294 Qualifikation im Sinne des oben skizzierten verwobenen
295 Ansatzes, IT und Internet als Alltagsmedien zu begreifen.
296
297 Ergänzend zur skizzierten Methodenkompetenz beinhaltet
298 Medienkompetenz das Element einer Verständniskompetenz im
299 Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge. In Deutschland
300 fehlt es noch immer an einer Gründerkultur nach dem Vorbild
301 der USA. Dies gilt insbesondere für den Medien-, IT- und
302 Internet-Sektor. Gründe dafür sind zum einen strukturelle
303 Anreizdefizite, zum anderen aber auch die fehlende
304 Vermittlung von Wirtschaftskompetenz in den Schulen und
305 Universitäten. Wie refinanziert sich Content? Wie
306 funktioniert Werbung im Internet? Was bedeutet
307 Cloud-Computing als Geschäftsmodell? Wie gründet man
308 erfolgreich ein Startup?
309 Solche und ähnliche Fragestellungen müssen stärker und
310 früher in die Lehrpläne der schulischen und universitären
311 Ausbildung integriert werden.
312
313 Der kompetente Umgang mit interaktiven Medien in Bildung und
314 Wirtschaft bietet sowohl Ausbildungseinrichtungen als auch
315 Unternehmen neue Möglichkeiten des gemeinsamen Arbeitens:
316
317 • größere Chancen bei der Teilung von Wissen, Fähig- und
318 Fertigkeiten innerhalb von Schulen, Universitäten,
319 Unternehmen etc.,
320
321 • neue Lern- und Lehrkultur durch interaktive Medien,
322
323 • orts- und zeitunabhängige Vernetzung von Schülern,
324 Auszubildenden oder
325 Mitarbeitern insbesondere bei dezentralen und/oder
326 internationalen Strukturen,
327
328 • dynamisches und innovatives Umfeld für neue
329 Geschäftsmodelle oder
330 Weiterentwicklung vorhandener Geschäftsmodelle durch
331 ständige technische
332 Innovationen,
333
334 • bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
335 (Online-Seminare, Virtuelle
336 Akademien etc.).
337
338 Medienkompetenz gilt vor bildungspolitischem und
339 wirtschaftlichem Hintergrund als Querschnittkompetenz. Da
340 sie theoretische und in Zeiten der digitalen Mitmach-Medien
341 immer mehr praktische Fähigkeiten umfasst, beinhaltet sie
342 neben den althergebrachten grundlegenden Kulturtechniken
343 (Lesen, Schreiben und Rechnen) auch Technikkompetenz im
344 Umgang mit den Programmen und Geräten, die für die Nutzung
345 interaktiver Medien notwendig sind.
346
347 Zudem muss sie kognitive Fähigkeiten, wie die richtige
348 Filterung von Angeboten nach der situationsgegebenen
349 Relevanz, nach den Interessen der Informationsanbieter und
350 den eigenen Interessen etc. beinhalten. Nicht zuletzt sollte
351 sich Medienkompetenz nicht zu sehr an konkreten medialen
352 Angeboten orientieren, da sich mit der digitalen Entwicklung
353 voraussichtlich auch die Medienformen beschleunigt wandeln
354 werden. Ein Schwerpunkt muss also stets die Vermittlung von
355 Grundlagenwissen sein.
356
357 Die Breite an Informationen, die Möglichkeit über gezielte
358 Suchanfragen auch auf Expertenwissen jenseits der
359 allgemeinen Aufmerksamkeit zu gelangen sowie die Tatsache,
360 dass immer mehr Wissen (auch gefördert durch Open
361 Access-Projekte etc.) zuerst oder gar ausschließlich online
362 zur Verfügung steht, zeigt, wie wichtig Medienkompetenz als
363 Voraussetzung zur Nutzung der Ressource Wissen in einer
364 digitalen Welt ist. Medienkompetenz ist hier zugleich auch
365 Informationskompetenz.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Interaktive Medien bieten vielfältigste Potentiale, aber
2 auch spezifische Risiken für die unterschiedlichen
3 Nutzergruppen. Dabei differiert die Bewertung naturgemäß,
4 je nachdem ob eine Eigeneinschätzung des Endnutzers oder
5 eine Fremdbewertung, zum Beispiel durch Eltern oder
6 Erzieher, vorgenommen wird.
7
8 1.2.1. Stellenwert Internet-basierter Kommunikation
9 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
10 PG-Mitglieder.)
11
12
13 Als Ausgangserkenntnis ist für die Kommission von
14 besonderer Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche selbst
15 das Internet in erster Linie als nicht mehr wegzudenkende
16 Bereicherung sowie als hilfreiches Instrument im
17 gesellschaftlichen wie auch Lernalltag begreifen. Anders
18 ausgedrückt: Das Netz ist für Kinder und Jugendliche
19 Normalität. Entsprechend dominieren Positiverfahrungen
20 sowie die Forderung nach stärkerer Einbeziehung des
21 Alltagsmediums Internet in das Schul- und Ausbildungsumfeld
22 die Bewertung und Erwartungshaltung von Kindern und
23 Jugendlichen.
24
25 Jugendliche zwischen 12- bis 19 verbrachten 2010
26 durchschnittlich 138 Minuten pro Tag im Internet (JIM
27 2010). Auch die Jüngeren sind zunehmend im Netz: Nach
28 Schätzung der befragten Haupterzieher verbringen die Sechs-
29 bis 13-Jährigen durchschnittlich 24 Minuten pro Tag im
30 Internet (KIM 2010). Ein Viertel der Sechs- bis 13-Jährigen
31 will nicht mehr auf Computer und Internet verzichten (KIM
32 2010). Dessen ungeachtet sieltspielt allerdings auch das
33 traditionelle Medium Fernsehen weiterhin eine zentrale
34 Rolle.
35
36 Eine Umfrage des BITKOM [1] im November 2010 bestätigt und
37 differenziert diese Befunde:
38
39 • 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, sich ein
40 Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen zu können. In der
41 Gruppe der 16-18-Jährigen sagen dies sogar 55 Prozent.
42
43 • 98 Prozent der Jugendlichen sind in
44 besonderemMaßebesonderem Maße Freundschaften und Familie
45 (96 Prozent) wichtig, 86 Prozent sagen dies vom
46 Internetzugang.
47
48 • Der Internetzugang ist Jugendlichen damit fast genauso
49 wichtig wie gute Schulnoten (93 Prozent).
50
51 Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche das
52 Internet als normales Instrument ihres Alltags begreifen.
53 Dementsprechend prägt auch Normalität die Bewertung der
54 Chancen und Gefahren.
55
56 Konkret befragt nach positiven und negativen Erfahrungen
57 ergab sich folgendes Bild:
58
59 • 64 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie
60 ihr Wissen dank des Internets verbessern konnten.
61
62 • 38 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie durch das
63 Internet die eigenen Leistungen in der Schule bzw. in der
64 Ausbildung verbessert haben.
65
66 • 28 Prozent haben über das Internet neue Freunde
67 kennengelernt.
68
69 Jeder vierte Jugendliche berichtet, dass in seinem
70 Freundeskreis schon einmal jemand im Internet fertig
71 gemacht wurde (JIM 2010). Allerdings machen die Befragungen
72 auch deutlich, dass die Gefahrwahrnehmung der Jugendlichen
73 und die von Eltern und öffentlichem Diskurs abweichen
74 (Jugendliche verweisen der JIM Studie 2010 zufolge etwa
75 eher von Abzocke und Datenmissbrauch/-manipulation sowie
76 Viren als auf sexuelle Ansprache im Netz).
77
78 1.2.2. Insbesondere: Social Media
79 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
80 PG-Mitglieder.)
81
82
83 Innerhalb von Social Communities nehmen Kinder und
84 Jugendliche deutliche
85 Wertungsdifferenzierungen vor:
86
87 • Von den durchschnittlich gut 130 Personen in der
88 Kontaktliste werden lediglich 36 von den Nutzern als gute
89 und enge Freunde bezeichnet.
90
91 • Knapp jeder Fünfte ist über das Internet schon einmal
92 beleidigt oder belästigt worden, acht Prozent der Befragten
93 gaben an, dass über sie im Netz Lügen verbreitet wurden.
94
95 • Mit zunehmendem Alter und zunehmender Internetnutzung
96 steigt auch der Anteil weiterer negativer Erlebnisse wir
97 sexuelle Annäherung (zumeist auf gleicher Altersebene),
98 Betrug (z. B. beim Einkaufen im Internet) oder die
99 Veröffentlichung peinlicher Fotos.
100
101 • So bekennen acht Prozent der 16-18jährigen, dass bereits
102 peinliche Fotos von ihnen im Netz durch Dritte
103 veröffentlicht wurden. 10-12jährige kennen dieses Problem
104 dagegen praktisch noch nicht.
105
106 [1] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
107 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Studie_Jugend_2
108 .0.pdf. Dort finden sich insbesondere auch Einzelheiten zu
109 den Abstufungen zwischen den Altersgruppen.
110
111 Eine andere BITKOM-Studie [2] untersuchte im März 2010 das
112 Zusammenwachsen der Lebens- und Technikwelten der
113 Deutschen. Hier standen anders als bei der Untersuchung
114 „Jugend 2.0“ auch die Erwachsenen und Senioren im Fokus.
115 Die Ergebnisse waren ebenso markant.
116
117 • 58 Prozent der befragten Gesamtbevölkerung können sich
118 ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen; für die
119 14-29jährigen ist es sogar das wichtigste Medium (86
120 Prozent).
121
122 • 62 Prozent gaben an, durch die Nutzung des Internets ihre
123 Allgemeinbildung verbessert zu haben; 51 Prozent sagten
124 dies über ihre berufliche Bildung.
125
126 • 44 Prozent konnten über das Internet berufliche Kontakte
127 knüpfen; 57 Prozent Freundschaften auffrischen und 46
128 Prozent ihre Freizeit/Hobbys bereichern.
129
130 • 48 Prozent der Internetnutzer geben an, vor einem
131 größeren Kauf entsprechende Bewertungen anderer Verbraucher
132 zu Rate zu ziehen; bei den Surfern ab 65 Jahren sind es
133 sogar 65 Prozent.
134
135 Deutlich wurde in der Studie auch, dass die Mehrheit der
136 Befragten (72 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen)
137 noch keine negativen Erfahrungen im Internet gemacht hat.
138 Sexuellen Belästigungen, Beleidigungen, Lügen oder Mobbing
139 im Web waren bislang nur wenige ausgesetzt.
140
141 Die Untersuchung zeigt zudem, dass heute 62 Prozent der 50
142 bis 64jährigen online sind. Unter den Senioren über 65
143 Jahren ist jedoch nur jeder Dritte (32 Prozent) im
144 Internet. Das bedeutet, dass die Erwachsenengeneration
145 inzwischen gut vernetzt ist. Der "digitale Graben" bleibt
146 indes bestehen, hat sich allerdings weiter nach hinten
147 verschoben (65 Jahre und älter).
148
149 [2] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
150 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Connected_World
151 s_Extranet.pdf
152
153 Ein weiterer Aspekt der generationsübergreifenden
154 Internetnutzung ist folgender: während Untersuchungen in
155 den 1990er Jahren eine Tendenz zur Isolierung durch
156 Online-Netzwerke belegten, zeigen jüngere Studien wie
157 „Social Consequences of the Internet for Adolescents“ von
158 Patti Valkenburg und Jochen Peter (Universität Amsterdam,
159 2009) nun, dass soziale Netzwerke der Kontaktpflege
160 vorrangig in der physichen Welt dienen.
161
162 Insgesamt betrachtet liegen die Chancen der Vernetzung im
163 ungehinderten Austausch und in der Vielfalt der online
164 verfügbaren Informationen bzw. Inhalte. Darüber hinaus
165 bieten interaktive Medien niedrig schwellige Möglichkeiten
166 der Wissensvermittlung, der Orientierung, der
167 Kreativitätsförderung, der Bildungssozialisation sowie der
168 Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Debatten.
169
170 In ihrer Abhängigkeit vom Netzzugang und den Endgeräten,
171 beschränken sich die Chancen interaktiver Medien aber auf
172 diejenigen, die sich Internet leisten können und denen die
173 entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Eine
174 Fokussierung gesellschaftlicher Teilhabe ohne die
175 Definition des Internet (und damit dem Zugang zu
176 interaktiven Medien) als Grundversorgung schließt
177 diejenigen aus, denen die Mittel für den Onlinezugang und
178 die notwendige Infrastruktur fehlen.
179
180 Das Projekt „Die Bedeutung des Internets für
181 gesellschaftliche Teilhabe - am Beispiel alltäglicher
182 Praktiken Erwerbsloser“ der TU Hamburg-Harburg
183 beispielsweise zeigt, dass gerade auch Erwerbslose, die
184 finanziell in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, diese
185 Chancen sehen und nach Möglichkeit nutzen, um so am
186 gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
187
188 Medienkompetenz in Gesellschaft, öffentlichem Leben und
189 Politik
190
191
192 Interaktive Medien dienen der vielfältigen
193 Informationsbeschaffung. Ebenso eröffnen sie breiten
194 Bevölkerungsteilen ganz neue politische Beteiligungsformen.
195 Sie sind geeignet, Entscheidungsprozesse von
196 gesellschaftlicher Bedeutung transparent und
197 nachvollziehbar werden zu lassen. Gleichzeitig schaffen sie
198 die Möglichkeit, Meinungen zu verbreiten und
199 damit die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Dies
200 geschieht vor allem dadurch, dass Menschen unabhängig von
201 Ort und Zeit direkt miteinander kommunizieren können.
202
203 (Kürzung des folgenden Abschnitts bis 16. März 2011 durch
204 PG-Mitglieder.)
205
206 Beispiele für diese Rolle interaktiver Medien gibt es
207 unzählige. Zuletzt war es die
208 Mobilisierung und Vernetzung der Protestierenden in den
209 arabischen Staaten Nordafrikas, mit der die dortigen
210 politischen Umbrüche eingeleitet und (bis zur Abschaltung
211 der Netze) mit organisiert wurden. Darüber hinaus erweisen
212 sich von weiten Teilen der Bevölkerung nutzbare digitale
213 Graben bleibt indes bestehen,Medien als vormals nicht
214 existierende Quellen für große Teile der Berichterstattung
215 aus Krisengebieten, insbesondere wenn klassischer
216 Journalismus durch Arbeitsverbote und Zensurmaßnahmen
217 behindert oder unmöglich gemacht wird. Als ein
218 anderes Beispiel politischer Partizipation, die durch
219 interaktive Medien gestützt wird, wird oft der
220 US-Präsidentschaftswahlkampf Barack Obamas 2008 angeführt.
221 Zwar war die Grundlage seiner Strategie die Überzeugung von
222 Wählern an ihren Haustüren, die Organisation, Information
223 und Motivation der eigenen Wahlkampfhelfer fand aber über
224 interaktive Medien statt und hat eine außergewöhnliche
225 Breite erreicht. Auch der Erfolg der E-Petitionen beim
226 Deutschen Bundestag zeigt die Potentiale der
227 Online-Beteiligung an politischen Prozessen.
228 Bürgerbeteiligungen auf kommunaler und lokaler Ebene wie
229 beispielsweise Bürgerhaushalte werden für größere
230 Bevölkerungsteile attraktiv, wenn die dazugehörigen
231 Informationen und Materialen orts- und zeitunabhängig nicht
232 nur während der Öffnungszeiten eines Rathauses ausliegen,
233 sondern online abruf- und bearbeitbar sind. Um an all
234 diesen Facetten politischer Beteiligung aktiv teilnehmen zu
235 können, braucht es einen entsprechenden kompetenten Umgang
236 mit den dazugehörigen Medien.
237
238 Aber nicht nur die nahezu unbegrenzten
239 Informationsmöglichkeiten und die Chance, über Kommentare,
240 Foren oder eigens erstellte Blogs und Accounts in
241 Online-Netzwerken an gesellschaftlichen Prozessen
242 teilzuhaben, zeigen auf, wie wichtig Medienkompetenz für
243 eine demokratische Teilhabe ist. Auch der Umstand, dass
244 immer mehr Entscheidungsprozesse ganz oder zumindest
245 teilweise digital stattfinden, machen die Wichtigkeit eines
246 kompetenten Umgangs mit interaktiven Medien deutlich.
247
248 Dies reicht von nur noch digital verfügbaren Informationen
249 und Hilfestellungen für Anträge bei Jobcentern,
250 Versicherungen, Banken etc. über Meinungsbildungs- und
251 Beteiligungsprozesse in beispielsweise öffentlichen
252 Konsultationen oder kommunalen Bürgerhaushalten bis hin zu
253 Abstimmungen und Wahlen. Letztere sind zwar bisher noch
254 selten online. Projekte wie Liquid Feedback oder virtuelle
255 Ortsverbände von Vereinen und Parteien aber existieren –
256 und sie werden zahlreicher.
257
258 Medienkompetenz in Bildung,Wirtschaft und Arbeitsleben
259 (Inhaltliche Straffung des Abschnitts durch PG-Mitglieder
260 bis 16. März 2011.)
261
262 Medienkompetenz gilt heute als Querschnittkompetenz. Sie
263 muss als Teil des Bildungskanons bei der Qualifizierung für
264 den Beruf oder eine selbstständige unternehmerische
265 Tätigkeit begriffen werden. Unternehmen aller Branchen sind
266 heute darauf angewiesen, dass Arbeitnehmer verschiedene
267 Fertigkeiten im Umgang mit Informationstechnologien im
268 Allgemeinen und dem Internet im Besonderen als
269 Begleitfähigkeit zu den jeweiligen berufsspezifischen
270 fachlichen Kernkompetenzen mitbringen und nicht erst
271 erwerben müssen. Im IT-Sektor bilden die entsprechenden
272 Fähigkeiten regelmäßig selbst die maßgebliche fachliche
273 Qualifikation.
274
275 Medienkompetenz in ihrer Dimension als Methodenkompetenz
276 bei der Nutzung von Informationstechnologie, aber auch in
277 ihrer Dimension als Bewertungskompetenz bildet vor diesem
278 Hintergrund einen maßgeblichen Wirtschafts- und
279 Standortfaktor für Deutschland. Sie ist eine
280 Schlüsselqualifikation des High-Tech-Sektors und eine
281 Basisqualifikation nahezu sämtlicher Wirtschaftsumfelder
282 bis hin zum Handwerk. Die Kommission bewertet es daher als
283 erfreulich, dass Kinder und Jugendliche das Internet und
284 den Umgang damit als normalen Alltagsbestandteil empfinden,
285 der mit sämtlichen anderen Lebensaktivitäten eng verbunden
286 ist.
287
288 Darauf aufsetzend müssen Lernangebote in der Schule, in der
289 Berufsausbildung, im Studium und in der Weiterbildung
290 verstärkt Qualifikationen der professionellen Nutzung von
291 IT und Internet vermitteln. Dies reicht von der Bedienung
292 herkömmlicher Standard-Office- Anwendungen über
293 Grundkenntnisse im Bereich Datenbanken und Customer
294 Management bis hin zu Bereichen wie Web-Publishing und
295 Social Media. Zu bevorzugen ist dabei immer eine Einbindung
296 der Vermittlung von Methodenkompetenz entlang der
297 fachlichen Qualifikation im Sinne des oben skizzierten
298 verwobenen Ansatzes, IT und Internet als Alltagsmedien zu
299 begreifen.
300
301 Ergänzend zur skizzierten Methodenkompetenz beinhaltet
302 Medienkompetenz das Element einer Verständniskompetenz im
303 Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge. In Deutschland
304 fehlt es noch immer an einer Gründerkultur nach dem Vorbild
305 der USA. Dies gilt insbesondere für den Medien-, IT- und
306 Internet-Sektor. Gründe dafür sind zum einen strukturelle
307 Anreizdefizite, zum anderen aber auch die fehlende
308 Vermittlung von Wirtschaftskompetenz in den Schulen und
309 Universitäten. Wie refinanziert sich allerdings
310 weiterContent? Wie funktioniert Werbung im Internet? Was
311 bedeutet Cloud-Computing als Geschäftsmodell? Wie gründet
312 man erfolgreich ein Startup?
313 Solche und ähnliche Fragestellungen müssen stärker und
314 früher in die Lehrpläne der schulischen und universitären
315 Ausbildung integriert werden.
316
317 Der kompetente Umgang mit interaktiven Medien in Bildung
318 und Wirtschaft bietet sowohl Ausbildungseinrichtungen als
319 auch Unternehmen neue Möglichkeiten des gemeinsamen
320 Arbeitens:
321
322 • größere Chancen bei der Teilung von Wissen, Fähig- und
323 Fertigkeiten innerhalb von Schulen, Universitäten,
324 Unternehmen etc.,
325
326 • neue Lern- und Lehrkultur durch interaktive Medien,
327
328 • orts- und zeitunabhängige Vernetzung von Schülern,
329 Auszubildenden oder
330 Mitarbeitern insbesondere bei dezentralen und/oder
331 internationalen Strukturen,
332
333 • dynamisches und innovatives Umfeld für neue
334 Geschäftsmodelle oder
335 Weiterentwicklung vorhandener Geschäftsmodelle durch
336 ständige technische
337 Innovationen,
338
339 • bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
340 (Online-Seminare, Virtuelle
341 Akademien etc.).
342
343 Medienkompetenz gilt vor bildungspolitischem und
344 wirtschaftlichem Hintergrund als Querschnittkompetenz. Da
345 sie theoretische und in Zeiten der digitalen Mitmach-Medien
346 immer mehr praktische Fähigkeiten umfasst, beinhaltet sie
347 neben den althergebrachten grundlegenden Kulturtechniken
348 (Lesen, Schreiben und Rechnen) auch Technikkompetenz im
349 Umgang mit den Programmen und Geräten, die für die Nutzung
350 interaktiver Medien notwendig sind.
351
352 Zudem muss sie kognitive Fähigkeiten, wie die richtige
353 Filterung von Angeboten nach hinten verschoben (65 Jahre
354 und älter).
355
356 [2] der situationsgegebenen Relevanz, nach den Interessen
357 der Informationsanbieter und den eigenen Interessen etc.
358 beinhalten. Nicht zuletzt sollte sich Medienkompetenz nicht
359 zu sehr an konkreten medialen Angeboten orientieren, da
360 sich mit der digitalen Entwicklung voraussichtlich auch die
361 Medienformen beschleunigt wandeln werden. Ein Schwerpunkt
362 muss also stets die Vermittlung von Grundlagenwissen sein.
363
364 Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
365 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Connected_World
366 s_Extranet.pdf
367
368 Ein weiterer Aspekt der generationsübergreifenden
369 InternetnutzungBreite an Informationen, die Möglichkeit
370 über gezielte Suchanfragen auch auf Expertenwissen jenseits
371 der allgemeinen Aufmerksamkeit zu gelangen sowie die
372 Tatsache, dass immer mehr Wissen (auch gefördert durch Open
373 Access-Projekte etc.) zuerst oder gar ausschließlich online
374 zur Verfügung steht, zeigt, wie wichtig Medienkompetenz als
375 Voraussetzung zur Nutzung der Ressource Wissen in einer
376 digitalen Welt ist. Medienkompetenz ist folgender: während
377 Untersuchungen in den 1990er Jahren eine Tendenz zur
378 Isolierung durch Online-Netzwerke belegten, zeigen jüngere
379 Studien wie „Social Consequences of the Internet for
380 Adolescents“ von Patti Valkenburg und Jochen Peter
381 (Universität Amsterdam, 2009) nun, dass soziale Netzwerke
382 der Kontaktpflege vorrangig in der physikalischen Welt
383 dienen.
384
385 Insgesamt betrachtet liegen die Chancen der Vernetzung im
386 ungehinderten Austausch und in der Vielfalt der online
387 verfügbaren Informationen bzw. Inhalte. Darüber hinaus
388 bieten interaktive Medien niedrig schwellige Möglichkeiten
389 der Wissensvermittlung, der Orientierung, der
390 Kreativitätsförderung, der Bildungssozialisation sowie der
391 Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Debatten.
392
393 In ihrer Abhängigkeit vom Netzzugang und den Endgeräten,
394 beschränken sich die Chancen interaktiver Medien aber auf
395 diejenigen, die sich Internet leisten können und denen die
396 entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Eine
397 Fokussierung gesellschaftlicher Teilhabe ohne die
398 Definition des Internet (und damit dem Zugang zu
399 interaktiven Medien) als Grundversorgung schließt
400 diejenigen aus, denen die Mittel für den Onlinezugang und
401 die notwendige Infrastruktur fehlen.
402
403 Das Projekt „Die Bedeutung des Internets für
404 gesellschaftliche Teilhabe - am Beispiel alltäglicher
405 Praktiken Erwerbsloser“ der TU Hamburg-Harburg
406 beispielsweise zeigt, dass geradehier zugleich auch
407 Erwerbslose, die finanziell in ihrer Mobilität
408 eingeschränkt sind, diese Chancen sehen und nach
409 Möglichkeit nutzen, um so am gesellschaftlichen Leben
410 teilhaben zu können.
411
412 Medienkompetenz in Gesellschaft, öffentlichem Leben und
413 Politik
414
415
416 Interaktive Medien dienen der vielfältigen
417 Informationsbeschaffung. Ebenso eröffnen sie breiten
418 Bevölkerungsteilen ganz neue politische Beteiligungsformen.
419 Sie sind geeignet, Entscheidungsprozesse von
420 gesellschaftlicher Bedeutung transparent und
421 nachvollziehbar werden zu lassen. Gleichzeitig schaffen sie
422 die Möglichkeit, Meinungen zu verbreiten und
423 damit die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Dies
424 geschieht vor allem dadurch, dass Menschen unabhängig von
425 Ort und Zeit direkt miteinander kommunizieren können.
426
427 (Kürzung des folgenden Abschnitts bis 16. März 2011 durch
428 PG-Mitglieder.)
429
430 Beispiele für diese Rolle interaktiver Medien gibt es
431 unzählige. Zuletzt war es die
432 Mobilisierung und Vernetzung der Protestierenden in den
433 arabischen Staaten Nordafrikas, mit der die dortigen
434 politischen Umbrüche eingeleitet und (bis zur Abschaltung
435 der Netze) mit organisiert wurden. Darüber hinaus erweisen
436 sich von weiten Teilen der Bevölkerung nutzbare digitale
437 Medien als vormals nicht existierende Quellen für große
438 Teile der Berichterstattung aus Krisengebieten,
439 insbesondere wenn klassischer Journalismus durch
440 Arbeitsverbote und Zensurmaßnahmen behindert oder unmöglich
441 gemacht wird. Als ein
442 anderes Beispiel politischer Partizipation, die durch
443 interaktive Medien gestützt wird, wird oft der
444 US-Präsidentschaftswahlkampf Barack Obamas 2008 angeführt.
445 Zwar war die Grundlage seiner Strategie die Überzeugung von
446 Wählern an ihren Haustüren, die Organisation, Information
447 und Motivation der eigenen Wahlkampfhelfer fand aber über
448 interaktive Medien statt und hat eine außergewöhnliche
449 Breite erreicht. Auch der Erfolg der E-Petitionen beim
450 Deutschen Bundestag zeigt die Potentiale der
451 Online-Beteiligung an politischen Prozessen.
452 Bürgerbeteiligungen auf kommunaler und lokaler Ebene wie
453 beispielsweise Bürgerhaushalte werden für größere
454 Bevölkerungsteile attraktiv, wenn die dazugehörigen
455 Informationen und Materialen orts- und zeitunabhängig nicht
456 nur während der Öffnungszeiten eines Rathauses ausliegen,
457 sondern online abruf- und bearbeitbar sind. Um an all
458 diesen Facetten politischer Beteiligung aktiv teilnehmen zu
459 können, braucht es einen entsprechenden kompetenten Umgang
460 mit den dazugehörigen Medien.
461
462 Aber nicht nur die nahezu unbegrenzten
463 Informationsmöglichkeiten und die Chance, über Kommentare,
464 Foren oder eigens erstellte Blogs und Accounts in
465 Online-Netzwerken an gesellschaftlichen Prozessen
466 teilzuhaben, zeigen auf, wie wichtig Medienkompetenz für
467 eine demokratische Teilhabe ist. Auch der Umstand, dass
468 immer mehr Entscheidungsprozesse ganz oder zumindest
469 teilweise digital stattfinden, machen die Wichtigkeit eines
470 kompetenten Umgangs mit interaktiven Medien deutlich.
471
472 Dies reicht von nur noch digital verfügbaren Informationen
473 und Hilfestellungen für Anträge bei Jobcentern,
474 Versicherungen, Banken etc. über Meinungsbildungs- und
475 Beteiligungsprozesse in beispielsweise öffentlichen
476 Konsultationen oder kommunalen Bürgerhaushalten bis hin zu
477 Abstimmungen und Wahlen. Letztere sind zwar bisher noch
478 selten online. Projekte wie Liquid Feedback oder virtuelle
479 Ortsverbände von Vereinen und Parteien aber existieren –
480 und sie werden zahlreicher.
481
482 Medienkompetenz in Bildung,Wirtschaft und Arbeitsleben
483 (Inhaltliche Straffung des Abschnitts durch PG-Mitglieder
484 bis 16. März 2011.)
485
486 Medienkompetenz gilt heute als Querschnittkompetenz. Sie
487 muss als Teil des Bildungskanons bei der Qualifizierung für
488 den Beruf oder eine selbstständige unternehmerische
489 Tätigkeit begriffen werden. Unternehmen aller Branchen sind
490 heute darauf angewiesen, dass Arbeitnehmer verschiedene
491 Fertigkeiten im Umgang mit Informationstechnologien im
492 Allgemeinen und dem Internet im Besonderen als
493 Begleitfähigkeit zu den jeweiligen berufsspezifischen
494 fachlichen Kernkompetenzen mitbringen und nicht erst
495 erwerben müssen. Im IT-Sektor bilden die entsprechenden
496 Fähigkeiten regelmäßig selbst die maßgebliche fachliche
497 Qualifikation.
498
499 Medienkompetenz in ihrer Dimension als Methodenkompetenz
500 bei der Nutzung von Informationstechnologie, aber auch in
501 ihrer Dimension als Bewertungskompetenz bildet vor diesem
502 Hintergrund einen maßgeblichen Wirtschafts- und
503 Standortfaktor für Deutschland. Sie ist eine
504 Schlüsselqualifikation des High-Tech-Sektors und eine
505 Basisqualifikation nahezu sämtlicher Wirtschaftsumfelder
506 bis hin zum Handwerk. Die Kommission bewertet es daher als
507 erfreulich, dass Kinder und Jugendliche das Internet und
508 den Umgang damit als normalen Alltagsbestandteil empfinden,
509 der mit sämtlichen anderen Lebensaktivitäten eng verbunden
510 ist.
511
512 Darauf aufsetzend müssen Lernangebote in der Schule, in der
513 Berufsausbildung, im Studium und in der Weiterbildung
514 verstärkt Qualifikationen der professionellen Nutzung von
515 IT und Internet vermitteln. Dies reicht von der Bedienung
516 herkömmlicher Standard-Office- Anwendungen über
517 Grundkenntnisse im Bereich Datenbanken und Customer
518 Management bis hin zu Bereichen wie Web-Publishing und
519 Social Media. Zu bevorzugen ist dabei immer eine Einbindung
520 der Vermittlung von Methodenkompetenz entlang der
521 fachlichen Qualifikation im Sinne des oben skizzierten
522 verwobenen Ansatzes, IT und Internet als Alltagsmedien zu
523 begreifen.
524
525 Ergänzend zur skizzierten Methodenkompetenz beinhaltet
526 Medienkompetenz das Element einer Verständniskompetenz im
527 Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge. In Deutschland
528 fehlt es noch immer an einer Gründerkultur nach dem Vorbild
529 der USA. Dies gilt insbesondere für den Medien-, IT- und
530 Internet-Sektor. Gründe dafür sind zum einen strukturelle
531 Anreizdefizite, zum anderen aber auch die fehlende
532 Vermittlung von Wirtschaftskompetenz in den Schulen und
533 Universitäten. Wie refinanziert sich Content? Wie
534 funktioniert Werbung im Internet? Was bedeutet
535 Cloud-Computing als Geschäftsmodell? Wie gründet man
536 erfolgreich ein Startup? Solche und
537
538 ähnliche Fragestellungen müssen stärker und früher in die
539 Lehrpläne der schulischen und universitären Ausbildung
540 integriert werden.
541
542 Der kompetente Umgang mit interaktiven Medien in Bildung
543 und Wirtschaft bietet sowohl Ausbildungseinrichtungen als
544 auch Unternehmen neue Möglichkeiten des gemeinsamen
545 Arbeitens:
546
547 • größere Chancen bei der Teilung von Wissen, Fähig- und
548 Fertigkeiten innerhalb von Schulen, Universitäten,
549 Unternehmen etc.,
550
551 • neue Lern- und Lehrkultur durch interaktive Medien,
552
553 • orts- und zeitunabhängige Vernetzung von Schülern,
554 Auszubildenden oder
555 Mitarbeitern insbesondere bei dezentralen und/oder
556 internationalen Strukturen,
557
558 • dynamisches und innovatives Umfeld für neue
559 Geschäftsmodelle oder
560 Weiterentwicklung vorhandener Geschäftsmodelle durch
561 ständige technische
562 Innovationen,
563
564 • bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
565 (Online-Seminare, Virtuelle
566 Akademien etc.).
567
568 Medienkompetenz gilt vor bildungspolitischem und
569 wirtschaftlichem Hintergrund als Querschnittkompetenz. Da
570 sie theoretische und in Zeiten der digitalen Mitmach-Medien
571 immer mehr praktische Fähigkeiten umfasst, beinhaltet sie
572 neben den althergebrachten grundlegenden Kulturtechniken
573 (Lesen, Schreiben und Rechnen) auch Technikkompetenz im
574 Umgang mit den Programmen und Geräten, die für die Nutzung
575 interaktiver Medien notwendig sind.
576
577 Zudem muss sie kognitive Fähigkeiten, wie die richtige
578 Filterung von Angeboten nach der situationsgegebenen
579 Relevanz, nach den Interessen der Informationsanbieter und
580 den eigenen Interessen etc. beinhalten. Nicht zuletzt
581 sollte sich Medienkompetenz nicht zu sehr an konkreten
582 medialen Angeboten orientieren, da sich mit der digitalen
583 Entwicklung voraussichtlich auch die Medienformen
584 beschleunigt wandeln werden. Ein Schwerpunkt muss also
585 stets die Vermittlung von Grundlagenwissen sein.
586
587 Die Breite an Informationen, die Möglichkeit über gezielte
588 Suchanfragen auch auf Expertenwissen jenseits der
589 allgemeinen Aufmerksamkeit zu gelangen sowie die Tatsache,
590 dass immer mehr Wissen (auch gefördert durch Open
591 Access-Projekte etc.) zuerst oder gar ausschließlich online
592 zur Verfügung steht, zeigt, wie wichtig Medienkompetenz als
593 Voraussetzung zur Nutzung der Ressource Wissen in einer
594 digitalen Welt ist. Medienkompetenz ist hier zugleich auch
595 Informationskompetenz.

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

  2. Wählen Sie, ob Änderungen im Vergleich zur Originalversion hervorgehoben werden sollen.

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