Papier: 1.1.2 Begriff der Medienkompetenz

Originalversion

1 In einem ersten Zugriff kann Medienkompetenz als die
2 Fähigkeit zum „richtigen“, „angemessenen“ Umgang mit Medien
3 und damit als Schlüsselqualifikation in der modernen
4 Gesellschaft angesehen werden (Gapski 2001). Damit wird
5 schon deutlich, dass der Begriff mit dem Bezug auf den
6 „richtigen“ Umgang auch ein normatives Element enthält, das
7 etwa eine Untersuchung von Medienkompetenz jedenfalls
8 voraussetzungsvoll macht.
9
10 Medienkompetenz wird in der wissenschaftlichen Diskussion
11 keineswegs verengt auf technischmanuelle Fertigkeiten
12 verstanden, sondern bezeichnet eine Spannbereite von
13 kognitiven, affektiven und konativen (also das Denken,
14 Fühlen und Handeln betreffende) Fähigkeiten, die ein
15 Medienkompetenz-
16 Individuum aufweisen sollte (Groeben 2002). Dazu gehören
17 Fähigkeiten wie das schlichte Lesen von Texten bis hin zu
18 Wissen über technische Zusammenhänge, aber auch etwa die
19 Fähigkeit, auf einer Social Media Plattform ein Konto
20 einzurichten und kritisch zu hinterfragen, welche
21 Auswirkungen dies auf die eigene Persönlichkeit haben kann;
22 auch Wissen um ökonomische oder rechtliche Strukturen von
23 Medien gehören dazu (vgl. etwa Jarren/Wassmer 2009, 47).
24
25 Die bei der Informations- und Wissensbeschaffung und bei
26 gesellschaftlicher Teilhabe notwendige Selbständigkeit bei
27 der Filterung (von der sinnvollen Suchanfrage bis zur
28 sinnvollen Auswahl) und die Notwendigkeit, hierbei
29 lebenslang mit den sich stetig wandelnden Formen neuer
30 Medien schrittzuhalten, machen gleichzeitig auf ein Problem
31 des Begriffs "Medienkompetenz" aufmerksam: Diese Kompetenz
32 ist keine, die einmal für immer erworben wird, sondern muss
33 auf dauernder Fortbildung beruhen. Die Einführung von
34 Begriffen wie der "Medienbildung" oder des internationalen
35 "media literacy", also der Betonung des Verstehens von
36 Medien, scheint hier geboten.
37
38 Medienbildung beschreibt den Prozess, in dem die
39 verschiedenen Akteure, auf unterschiedlichen Ebenen und ihr
40 jeweils spezifischer Beitrag zur Entwicklung von
41 Medienkompetenz erfasst werden. Vergleiche hierzu etwa den
42 Bericht der Expertenkommission des BMBF zur Medienbildung
43 vom März
44 2009. Die Kommission schreibt hier: "Der Begriff der
45 Medienkompetenz wird in der Öffentlichkeit inflationär und
46 oft verkürzt verwendet. Als wissenschaftliche Disziplinen
47 haben sich insbesondere Medienpädagogik und
48 (Medien-)Informatik mit durchaus auch unterschiedlichen
49 Konzepten zur Medienkompetenz geäußert." Deshalb "tritt die
50 Expertenkommission für eine umfassende Sicht auf
51 Medienbildung ein" und legt sich weiter auch auf diesen
52 weiter gefassten Begriff fest.
53
54 Neue Typen kommunikativer Angebote lassen die Frage nach den
55 „angemessenen“ Medienkompetenzen immer wieder neu stellen,
56 was sich aktuell sehr stark an den Phänomenen des Social Web
57 demonstrieren lässt, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer viel
58 stärker als bei anderen Angeboten nicht nur Informationen
59 abrufen, sondern auch die Möglichkeit haben, für
60 unterschiedliche Zwecke selbst Informationen einzustellen,
61 was möglicherweise neue Handlungsdimensionen anspricht, die
62 in der Wissenschaft etwa als Identitätsmanagement,
63 Beziehungsmanagement und
64 Informationsmanagement bezeichnet werden (vgl.
65 Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009).
66
67 Es existieren in der Wissenschaft zahlreiche Versuche, den
68 Begriff der Medienkompetenz aus zu differenzieren. Nach dem
69 Bielefelder Modell von Baacke (1996) gibt es vier
70 Dimensionen von Medienkompetenz, nämlich
71
72 - Medienkritik
73 - Mediennutzung
74 - Medienwissen und
75 - Mediengestaltung.
76
77 Das Modell von Groeben (2002) unterscheidet etwas
78 differenzierter in folgende Dimensionen:
79
80 - Medienwissen/Medialitätsbewusstsein
81 - Medienspezifische Rezeptionsmuster
82 - Medienbezogene Genussfähigkeit
83 - medienbezogene Kritikfähigkeit
84 - Selektion/Kombination von Mediennutzung
85 - (produktive) Partizipationsmuster und
86 Anschlusskommunikation.
87
88 Darauf aufbauend schlagen Jarren und Wassmer (2009) vor, die
89 Kompetenz im Hinblick auf 1. das Medium selbst, 2. sich
90 selbst und 3. andere Individuen bzw. Gruppen zu
91 differenzieren. Daraus folgt dann ein Drei-Ebenen-Modell der
92 Medienkompetenz, das sich in
93
94 - instrumentelle Medienkompetenz (bezogen auf die Tätigkeit)
95 - reflexive Medienkompetenz (bezogen auf die Persönlichkeit)
96 und
97 - Vermittlungskompetenz (sozial bezogen)
98
99 differenziert. Unter instrumenteller Medienkompetenz wird
100 die Fähigkeit verstanden, Medien zur Befriedigung der
101 eigenen Bedürfnisse zu nutzen, sowie das Vermögen, sich in
102 der Mediengesellschaft als vollwertiges Mitglied
103 einzubringen und an der Ausgestaltung aktiv – individuell
104 oder in Gruppen – zu
105 partizipieren. Unter reflexiver Medienkompetenz verstehen
106 die Autoren die Fähigkeit, die eigene Medienrezeption und
107 die damit verbundenen Konsequenzen selbstkritisch zu
108 hinterfragen. Unter Vermittlungskompetenz wiederum ist die
109 Fähigkeit der aktiven Vermittlung von diesen Kompetenzen an
110 Dritte zu verstehen. Vor diesem Hintergrund ist
111 Medienkompetenz eine „Prozesskategorie“, sie wird stets neu
112 erworben und muss stets neu und in unterschiedlichen
113 sozialen Kontexten vermittelt werden. (Überblick über
114 weitere Vorschläge zur Kompetenzdimensionen bei Gapski 2006,
115 17).
116
117 Für die Untersuchung von Handlungsbedarfen scheint eine
118 Unterscheidung hilfreich, die sich an Überlegungen anlehnt,
119 die eine Arbeitsgruppe im Rahmen von UK Digital in
120 Kooperation mit dem britischen Medien- und
121 Telekommunikations-Regulierer Ofcom 2009 veröffentlicht hat.
122 Dabei werden
123 folgende Ebenen unterschieden:
124
125 - Möglichkeit: Dazu gehören vor allem die technischen
126 Voraussetzungen einer Inklusion in die
127 Informationsgesellschaft.
128
129 - Fähigkeit: Hier sind die Aneignung und Weiterentwicklung
130 von Fähigkeiten angesprochen, die in unterschiedlichen
131 Lebenslagen benötigt werden.
132
133 - Aktivität: Damit werden die Kompetenzen adressiert, die
134 eine aktive Nutzung ermöglichen. Für diese Ebenen kann
135 jeweils nach den Anforderungen bestimmter Gruppen und
136 entsprechend nach Defiziten und schließlich
137 Fördermöglichkeiten gefragt werden.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 In einem ersten Zugriff kann Medienkompetenz als die
2 Fähigkeit zum „richtigen“, „angemessenen“ Umgang mit Medien
3 und damit als Schlüsselqualifikation in der modernen
4 Gesellschaft angesehen werden (Gapski 2001). Damit wird
5 schon deutlich, dass der Begriff mit dem Bezug auf den
6 „richtigen“ Umgang auch ein normatives Element enthält, das
7 etwa eine Untersuchung von Medienkompetenz jedenfalls
8 voraussetzungsvoll macht.
9
10 Medienkompetenz wird in der wissenschaftlichen Diskussion
11 keineswegs verengt auf technischmanuelle Fertigkeiten
12 verstanden, sondern bezeichnet eine Spannbereite von
13 kognitiven, affektiven und konativen (also das Denken,
14 Fühlen und Handeln betreffende) Fähigkeiten, die ein
15 Medienkompetenz-
16 Individuum aufweisen sollte (Groeben 2002). Dazu gehören
17 Fähigkeiten wie das schlichte Lesen von Texten bis hin zu
18 Wissen über technische Zusammenhänge, aber auch etwa die
19 Fähigkeit, auf einer Social Media Plattform ein Konto
20 einzurichten und kritisch zu hinterfragen, welche
21 Auswirkungen dies auf die eigene Persönlichkeit haben kann;
22 auch Wissen um ökonomische oder rechtliche Strukturen von
23 Medien gehören dazu (vgl. etwa Jarren/Wassmer 2009, 47).
24
25 Die bei der Informations- und Wissensbeschaffung und bei
26 gesellschaftlicher Teilhabe notwendige Selbständigkeit bei
27 der Filterung (von der sinnvollen Suchanfrage bis zur
28 sinnvollen Auswahl) und die Notwendigkeit, hierbei
29 lebenslang mit den sich stetig wandelnden Formen neuer
30 Medien schrittzuhalten, machen gleichzeitig auf ein Problem
31 des Begriffs "Medienkompetenz" aufmerksam: Diese Kompetenz
32 ist keine, die einmal für immer erworben wird, sondern muss
33 auf dauernder Fortbildung beruhen. Die Einführung von
34 Begriffen wie der "Medienbildung" oder des internationalen
35 "media literacy", also der Betonung des Verstehens von
36 Medien, scheint hier geboten.
37
38 Medienbildung beschreibt den Prozess, in dem die
39 verschiedenen Akteure, auf unterschiedlichen Ebenen und ihr
40 jeweils spezifischer Beitrag zur Entwicklung von
41 Medienkompetenz erfasst werden. Vergleiche hierzu etwa den
42 Bericht der Expertenkommission des BMBF zur Medienbildung
43 vom März
44 2009. Die Kommission schreibt hier: "Der Begriff der
45 Medienkompetenz wird in der Öffentlichkeit inflationär und
46 oft verkürzt verwendet. Als wissenschaftliche Disziplinen
47 haben sich insbesondere Medienpädagogik und
48 (Medien-)Informatik mit durchaus auch unterschiedlichen
49 Konzepten zur Medienkompetenz geäußert." Deshalb "tritt die
50 Expertenkommission für eine umfassende Sicht auf
51 Medienbildung ein" und legt sich weiter auch auf diesen
52 weiter gefassten Begriff fest.
53
54 Neue Typen kommunikativer Angebote lassen die Frage nach den
55 „angemessenen“ Medienkompetenzen immer wieder neu stellen,
56 was sich aktuell sehr stark an den Phänomenen des Social Web
57 demonstrieren lässt, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer viel
58 stärker als bei anderen Angeboten nicht nur Informationen
59 abrufen, sondern auch die Möglichkeit haben, für
60 unterschiedliche Zwecke selbst Informationen einzustellen,
61 was möglicherweise neue Handlungsdimensionen anspricht, die
62 in der Wissenschaft etwa als Identitätsmanagement,
63 Beziehungsmanagement und
64 Informationsmanagement bezeichnet werden (vgl.
65 Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009).
66
67 Es existieren in der Wissenschaft zahlreiche Versuche, den
68 Begriff der Medienkompetenz aus zu differenzieren. Nach dem
69 Bielefelder Modell von Baacke (1996) gibt es vier
70 Dimensionen von Medienkompetenz, nämlich
71
72 - Medienkritik
73 - Mediennutzung
74 - Medienwissen und
75 - Mediengestaltung.
76
77 Das Modell von Groeben (2002) unterscheidet etwas
78 differenzierter in folgende Dimensionen:
79
80 - Medienwissen/Medialitätsbewusstsein
81 - Medienspezifische Rezeptionsmuster
82 - Medienbezogene Genussfähigkeit
83 - medienbezogene Kritikfähigkeit
84 - Selektion/Kombination von Mediennutzung
85 - (produktive) Partizipationsmuster und
86 Anschlusskommunikation.
87
88 Darauf aufbauend schlagen Jarren und Wassmer (2009) vor, die
89 Kompetenz im Hinblick auf 1. das Medium selbst, 2. sich
90 selbst und 3. andere Individuen bzw. Gruppen zu
91 differenzieren. Daraus folgt dann ein Drei-Ebenen-Modell der
92 Medienkompetenz, das sich in
93
94 - instrumentelle Medienkompetenz (bezogen auf die Tätigkeit)
95 - reflexive Medienkompetenz (bezogen auf die Persönlichkeit)
96 und
97 - Vermittlungskompetenz (sozial bezogen)
98
99 differenziert. Unter instrumenteller Medienkompetenz wird
100 die Fähigkeit verstanden, Medien zur Befriedigung der
101 eigenen Bedürfnisse zu nutzen, sowie das Vermögen, sich in
102 der Mediengesellschaft als vollwertiges Mitglied
103 einzubringen und an der Ausgestaltung aktiv – individuell
104 oder in Gruppen – zu
105 partizipieren. Unter reflexiver Medienkompetenz verstehen
106 die Autoren die Fähigkeit, die eigene Medienrezeption und
107 die damit verbundenen Konsequenzen selbstkritisch zu
108 hinterfragen. Unter Vermittlungskompetenz wiederum ist die
109 Fähigkeit der aktiven Vermittlung von diesen Kompetenzen an
110 Dritte zu verstehen. Vor diesem Hintergrund ist
111 Medienkompetenz eine „Prozesskategorie“, sie wird stets neu
112 erworben und muss stets neu und in unterschiedlichen
113 sozialen Kontexten vermittelt werden. (Überblick über
114 weitere Vorschläge zur Kompetenzdimensionen bei Gapski 2006,
115 17).
116
117 Für die Untersuchung von Handlungsbedarfen scheint eine
118 Unterscheidung hilfreich, die sich an Überlegungen anlehnt,
119 die eine Arbeitsgruppe im Rahmen von UK Digital in
120 Kooperation mit dem britischen Medien- und
121 Telekommunikations-Regulierer Ofcom 2009 veröffentlicht hat.
122 Dabei werden
123 folgende Ebenen unterschieden:
124
125 - Möglichkeit: Dazu gehören vor allem die technischen
126 Voraussetzungen einer Inklusion in die
127 Informationsgesellschaft.
128
129 - Fähigkeit: Hier sind die Aneignung und Weiterentwicklung
130 von Fähigkeiten angesprochen, die in unterschiedlichen
131 Lebenslagen benötigt werden.
132
133 - Aktivität: Damit werden die Kompetenzen adressiert, die
134 eine aktive Nutzung ermöglichen. Für diese Ebenen kann
135 jeweils nach den Anforderungen bestimmter Gruppen und
136 entsprechend nach Defiziten und schließlich
137 Fördermöglichkeiten gefragt werden.

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