2.1.3 Risiken interaktiverMedien

1-3 von 3
  • 2.1.3 Risiken interaktiverMedien (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 (Einfügen von Unterüberschriften bis 16. März 2011 durch
    2 PG-Mitglieder.)
    3
    4 Risiken im Umgang mit interaktiven Medien gibt es in
    5 zweierlei Hinsicht: Zum einen werden Benutzerinnen und
    6 Benutzer von externen Quellen mit Risiken, kriminellen
    7 Handlungen oder Störfaktoren konfrontiert. Zum anderen
    8 können aber auch fehlende eigene Kompetenzen und Fähigkeiten
    9 Negatives für die persönliche Entwicklung oder im Umgang mit
    10 anderen hervorrufen. Folgen können in beiden Bereichen
    11 sozialer, persönlicher, rechtlicher, finanzieller oder
    12 technischer Art und Weise sein.
    13
    14 Wichtig ist die Feststellung, dass problematische Inhalte
    15 oder illegale/kriminelle Handlungen in bzw. durch die
    16 interaktiven Medien nicht durch das Medium selbst erschaffen
    17 werden, sondern in jedem Fall Konsequenz und Folge aus
    18 menschlichem Handeln sind.
    19
    20 Exemplarisch seien an dieser Stelle für beide Bereiche
    21 einige mögliche Formen von Risiken genannt:
    22
    23 Im Bereich der Risiken interaktiver Medien sind Schlagwörter
    24 wie Cyber-Mobbing, Grooming oder Gefahren durch die
    25 Preisgabe von persönlichen Daten in der aktuellen Debatte
    26 vor allem im Hinblick auf Kinder und Jugendliche in aller
    27 Munde. Sowie bei den meisten der im Folgenden zu benennenden
    28 Risiken ist Mobbing kein grundsätzlich neues Phänomen der
    29 digitalen Gesellschaft, sondern findet im Internet – ähnlich
    30 wie via Mobiltelefon – lediglich eine neue Art der
    31 Ausbreitung.
    32
    33 Vor allem in Sozialen Netzwerken oder Foren leiden
    34 Betroffene unter Umständen unter übler Nachrede,
    35 Diffamierung, Belästigung oder Nötigung durch
    36 Mitschülerinnen und Mitschüler oder Bekannte – die sich
    37 durch die Benutzung von falschen Namen oder Avataren nicht
    38 zu erkennen geben müssen. Im Falle von Grooming handelt es
    39 sich um die gezielte sexuelle Belästigung von Kindern und
    40 Jugendlichen via Internet. Nach aktuellen Studien [u.a.
    41 Bitkom-Studie; in KIM 2010; EU-Kids Online] kommt dies in
    42 der Praxis allerdings eher selten vor und steht in keinem
    43 Verhältnis zu der öffentlichen Wahrnehmung dieses Themas.
    44
    45 Sexuelle Belästigung geht oft auch von gleichaltrigen
    46 Jugendlichen aus. Neben der persönlichen Wachsamkeit und
    47 einem gesunden Misstrauen Unbekannten gegenüber, kann auch
    48 der sparsame Umgang mit persönlichen Informationen solchen
    49 Belästigungen vorbeugen. Grundsätzlich scheint es ratsam,
    50 sparsam mit der Preisgabe von eigenen Daten umzugehen und
    51 vor jeder Veröffentlichung von privaten Informationen den
    52 daraus entstehenden Nutzen und die möglichen Konsequenzen
    53 abzuwägen. Auch wenn der Wert und die Notwendigkeit von
    54 Privatsphäre aktuell an Bedeutung zu verlieren scheinen,
    55 wäre trotzdem ein bewussterer Umgang damit wünschenswert.
    56
    57 Ähnlich wie in anderen Medien kann es auch im Internet
    58 vorkommen, dass Kinder und Jugendliche ungewollt mit nicht
    59 altersgerechten Inhalten konfrontiert werden, u.a. mit
    60 Darstellungen von Gewalt, Krieg oder Pornographie.
    61
    62 Unter wirtschaftlichem Aspekt sind Abo- und Kostenfallen zu
    63 nennen, denen nicht nur Kinder und Jugendliche zum Opfer
    64 fallen, sondern alle Altersgruppen. Auch werden immer wieder
    65 Fälle bekannt, in denen Kinder und Jugendliche unbewusst
    66 Anbieter von urheberrechtlich geschützten Werken in
    67 Tauschbörsen werden.
    68
    69 Konkret beschreibbar sind die Gefahren, die durch
    70 Computerviren und -würmer sowie Trojaner ausgelöst werden.
    71 Allen gemeinsam ist, dass ein Angreifer versucht, in die
    72 Computer seiner Opfer eine Software einzuschleusen.
    73 Computerviren und -würmer versuchen, sich über die
    74 kompromittierten Computer selbst weiter zu verbreiten. Viren
    75 verändern dabei in der Regel fremde Dateien (Startprogramme,
    76 Bootsektoren usw.), während Würmer normalerweise keine
    77 fremden Dateien manipulieren. Trojanische Pferde, kurz
    78 Trojaner, sind Computerprogramme, die sich als mehr oder
    79 minder nützliche Anwendung tarnen, im Hintergrund und ohne
    80 Wissen des Anwenders aber andere Funktionen erfüllen.
    81
    82 Heutzutage ist der Hauptzweck von Viren, Würmern und
    83 Trojanern vor allem der Aufbau so genannter Botnetze. Dabei
    84 stellen oftmals tausende bis Millionen Rechner im Internet
    85 ihre Kapazitäten (Rechenleistung, Netzwerkanbindung usw.)
    86 dem kontrollierenden Angreifer zur Verfügung.
    87 Sicherheitsdienstleister schätzen, dass einige Botnetze bis
    88 zu 30 Millionen Rechner kontrollieren.
    89 [http://de.wikipedia.org/wiki/Botnet] Sie werden meistens
    90 zum Versenden von Spam-Mails, für Angriffe auf Server oder
    91 zum Knacken von Passwörtern genutzt. Der Inhaber des
    92 betroffenen Computers bemerkt die Infizierung meistens
    93 nicht, versendet sie aber.
    94
    95 So genannte Spyware ist eine Software, die zum Ziel hat, den
    96 Nutzer auszuspionieren, seine Angewohnheiten auszuforschen
    97 und ihm so gezielt Werbung und ähnliches zu präsentieren.
    98 Häufiger anzutreffen ist heutzutage „Scareware“. Darunter
    99 versteht man Software, die dem Benutzer verunsichern und
    100 ängstigen soll, ihn beispielsweise vor einer erfundenen
    101 Infizierung seines Computers mit einem Virus warnt und gegen
    102 Bezahlung eine Entfernung des vermeintlichen Schädlings
    103 anbietet. Hier wird also vor allem der Nutzer selbst
    104 geschädigt, während bei Viren, Würmern und Trojanern vor
    105 allem andere geschädigt werden.
    106
    107 Die meisten der Infizierungen ließen sich durch eine höhere
    108 Medienkompetenz der Nutzer verhindern oder zumindest
    109 nachträglich aufspüren. Dazu gehört nicht nur eine sichere
    110 Konfiguration der Computer, sondern auch ein bewusstes
    111 Umgehen mit Gefahren und das rechtzeitige Schließen von
    112 Sicherheitslücken.
    113
    114 Eine verwandte Gefahr ist das so genannte Phishing (von
    115 Password Fishing), also das Angeln nach Passwörtern mit
    116 Ködern. Dabei versuchen Angreifer, von Anwendern Passwörter,
    117 Kreditkartennummern oder PINs und TANs für das Homebanking
    118 zu ergaunern. Dazu werden beispielsweise Webseiten von
    119 Banken weitgehend originalgetreu nachgebildet und der Nutzer
    120 aufgefordert, PIN und TAN einzugeben. Stattdessen nutzt der
    121 Betrüger die erbeuteten Daten, um selbst Überweisungen zu
    122 tätigen und das Opfer zu betrügen. In der Zwischenzeit
    123 laufen entsprechende Angriffe oft auch mit Unterstützung von
    124 Trojanern ab, so dass entsprechende Daten bei der Eingabe
    125 auf infizierten Computern abgefangen werden.
    126
    127 Auch hier lässt sich die Gefahr durch Medienkompetenz
    128 weitgehend eindämmen:Medienkompetente Nutzer erkennen
    129 Phishing-Mails, in denen sie zur Eingabe ihres Passwortes
    130 oder von PIN/TAN vom Online-Banking aufgerufen werden.
    131 Medienkompetente Nutzer erkennen auch, wenn eine fremde
    132 Webseite sich als Webseite einer Bank oder als betrügerische
    133 Abzockwebsite ausgibt.
    134
    135 Auswirkungen fehlender Medienkompetenz
    136
    137
    138 Risiken werden aber nicht nur extern an die Nutzerinnen und
    139 Nutzer herangetragen, auch deren eigener Umgang mit dem
    140 Internet bzw. dessen Inhalten kann problematische
    141 Auswirkungen haben:
    142
    143 Fehlende Medienkompetenz tritt in vielen Bereichen zu Tage,
    144 u.a. in der mangelhaften und unkritischen Bewertung von
    145 Medieninhalten. Problematisch scheint zudem vor allem bei
    146 Kindern zu sein, dass diese oftmals nicht zwischen
    147 eingeblendeter Werbung und redaktionellen Inhalten
    148 unterscheiden können. Die pure Menge an abrufbaren
    149 Informationen führt nicht automatisch dazu, dass jeder in
    150 der Lage ist, sich ein umfassendes Meinungsbild zu machen.
    151 Es kann vielmehr dazu führen, dass es zu einer Überforderung
    152 aufgrund der Fülle an Informationen und Kommunikationswegen
    153 und damit zu einer reduzierten und einseitigen
    154 Informationsaufnahme kommen kann.
    155
    156 Unkritisch ist bisweilen auch der Umgang mit den Rechten
    157 anderer: So führen fehlendes Wissen und fehlende Kompetenz
    158 immer wieder zu Verstößen gegen das Urheberrecht, den
    159 Datenschutz oder die Persönlichkeitsrechte anderer. Gerade
    160 in Bezug auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geht
    161 mangelnde Medienkompetenz immer auch einher mit mangelnder
    162 sozialer Kompetenz.
    163
    164 Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Dauer der
    165 Mediennutzung. Fehlende Medienkompetenz kann hierbei den
    166 Verlust des Bezuges zur „realen“ Welt und das sich
    167 vorwiegend in der virtuellen Umgebung Bewegen durchaus
    168 verstärken. Neben dem möglichen Verlust von
    169 sozialen Kontakten und Bindungen - mit all den Facetten
    170 zwischenmenschlicher Kontakte (Mimik, Gestik, körperliche
    171 Erfahrungen) - kann exzessive Mediennutzung auch zu
    172 physischen sowie psychischen Einschränkungen führen.
    173
    174 Fehlende Medienkompetenz kann sich aber auch ganz konkret
    175 auf gesellschaftliche Teilhabe,
    176 Bildung und sozialen Aufstieg auswirken. So bietet das
    177 Internet in vielfacher Weise die
    178 Möglichkeit, gesellschaftliche Debatten zu verfolgen und
    179 sich selbst einzubringen. Des
    180 Weiteren ist Medienkompetenz mittlerweile eine
    181 unverzichtbare Fähigkeit, die für den
    182 Erfolg in Schule, Ausbildung und Beruf wichtig ist.
    183
    184 Medienkompetenz kann viele dieser Risiken minimieren,
    185 teilweise sogar vollständig
    186 vermeiden. Insofern wird es ein zentrales Anliegen der
    187 Kommission sein, Ideen zu
    188 entwickeln, um die Vermittlung von Medienkompetenz an alle
    189 gesellschaftlichen
    190
    191 Zielgruppen zu optimieren. Es zeigt sich aber auch, dass
    192 angesichts der erwähnten Risiken Medienkompetenz nicht alle
    193 Probleme lösen kann und es einer engen Verzahnung mit dem
    194 Jugend- und dem Verbraucherschutz bedarf.
    195
    196 Medienkompetenz schafft digitale Selbständigkeit. Diese ist
    197 in einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft für
    198 demokratische Teilhabe, wirtschaftliche Chancengerechtigkeit
    199 und freie Entfaltung der Persönlichkeit von grundlegender
    200 Notwendigkeit. Fehlt diese, wird es dem Individuum nicht
    201 gelingen, Medien und deren Inhalte den eigenen Bedürfnissen
    202 und Zielen entsprechend zu nutzen.
    203
    204 1.3.1 Mediensucht und Prävention
    205
    206 (Ergänzung des folgenden Abschnitts um die Ergebnisse einer
    207 aktuellen Studie des Hans-
    208 Bredow-Institutes bis 16. März 2011 durch PG-Mitglieder.)
    209
    210 Dass interaktive Medien den Menschen so viele Chancen und so
    211 viel Abwechslung bieten, bleibt nicht ohne Risiken –
    212 beispielsweise dann, wenn Medien zum Suchtmittel werden. So
    213 gelten laut einer Studie der Medizinischen Hochschule
    214 Hannover von 2006 etwa sechs Prozent aller deutschen
    215 Internetnutzer als onlinesüchtig und noch einmal so viele
    216 als stark suchtgefährdet. [1]
    217
    218 Auch internationale Untersuchungen zeigen, dass die
    219 Prävalenzrate, also der Anteil jener, die einem
    220 Suchtverhalten zuzuordnen sind, zwischen einem und maximal
    221 fünf Prozent liegt. Je nach Studie verbringen die als
    222 abhängig beschriebenen Personen bis zu 40 Stunden je Woche
    223 im Internet. Nichtsüchtige kommen wöchentlich auf maximal 20
    224 Stunden. [2]
    225
    226 Die Auslöser, Mechanismen und Symptome der Mediensucht
    227 gleichen denen anderer nicht stoffgebundener
    228 Suchterkrankungen: Durch den Konsum bestimmter
    229 Medienangebote wird das körpereigene Belohnungssystem in
    230 Gang gesetzt. Der damit einhergehende Dopaminausstoß führt
    231 zu einem gefühlten Erfolgserlebnis, auf das manche nicht
    232 mehr verzichten können. Zu den typischen
    233 Abhängigkeitssymptomen zählen ein unkontrollierter,
    234 stundenlanger Konsum, die stetige Erhöhung der „Dosis“, eine
    235 ständige gedankliche Beschäftigung mit dem Suchtverhalten,
    236 misslingende Reduzierungsversuche sowie Entzugserscheinungen
    237 beispielsweise in Form von Aggressivität, wenn das
    238 Suchtmittel nicht zur Verfügung steht.
    239
    240 Die negativen Folgen der Mediensucht sind – wie bei anderen
    241 Abhängigkeitserkrankungen auch – nicht nur psychischer
    242 Natur, sondern erstrecken sich ebenso auf die körperliche
    243 Gesundheit und das soziale Umfeld der Betroffenen. Es kommt
    244 oftmals zu einer Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse,
    245 der beruflichen bzw. schulischen Verpflichtungen und
    246 sozialen Kontakte. Die Betroffenen verheimlichen oder
    247 bagatellisieren das eigene Suchtverhalten. Mitunter geraten
    248 sie sogar in finanzielle Verschuldung.
    249
    250 In der Gesellschaft und der Wissenschaft wird
    251 Medienabhängigkeit bislang nur unzureichend thematisiert.
    252 Sie ist selten Gegenstand empirischer Forschung. Es fehlt
    253 nach wie vor an belastbarem Datenmaterial. Eine für das
    254 Bundesministerium für Gesundheit im Zeitraum von 2008 bis
    255 2010 angefertigte Untersuchung stellt dazu fest: Es wäre
    256 „insbesondere eine interdisziplinäre Längsschnittstudie
    257 wünschenswert, die mit neurobiologischen, genetischen und
    258 entwicklungspsychiatrischen Methoden Kinder vor Beginn des
    259 pathologischen Internetgebrauchs bis in das Erwachsenenalter
    260 hinein untersuchen würde.“ [3]
    261
    262 Weiterer Handlungsbedarf besteht in der Hinsicht, dass
    263 Medienabhängigkeit bisher nicht als eigenständige Suchtform
    264 anerkannt ist. Die Kommission betrachtet Medienabhängigkeit
    265 als eine eigenständige, nicht stoffgebundene Suchtform und
    266 hält eine Anerkennung als Erkrankung nach dem
    267 Diagnoseschlüssel ICD der Weltgesundheitsorganisation für
    268 geboten. Darüber hinaus sieht die Kommission die
    269 Notwendigkeit einer umfassenden Erforschung des
    270 Krankheitsbildes.
    271
    272 In der Bundesrepublik gibt es derzeit nur ein sehr
    273 begrenztes Angebot an Beratungs- und Therapiemöglichkeiten
    274 für Betroffene. Die erfolgversprechendste
    275 Präventionsmaßnahme hingegen ist, Kinder und Jugendliche in
    276 ihrem Umgang mit Medien zu begleiten. Hier sind in erster
    277 Linie die Familien gefragt. Wenn vor allem Eltern jedoch
    278 keine oder nur begrenzte medienpädagogische Fähigkeiten
    279 aufweisen, müssen sie auf geeignete Beratungsmöglichkeiten
    280 zurückgreifen können. Zusätzlich muss gewährleistet sein,
    281 dass in Schule, Ausbildung und Freizeit ausreichend
    282 qualifizierte medienpädagogische Angebote zur Verfügung
    283 stehen.
    284
    285 [1] vgl.: Bert te Wildt 2006, Medizinische Hochschule
    286 Hannover – Bitte Quellenangabe durch
    287 das Büro MdB Tabea Rößner.
    288
    289 [2] Bitte Quellenangabe durch das Büro MdB Dr. Petra Sitte.
    290
    291 [3] Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf/Deutsches Zentrum
    292 für Suchtfragen des
    293 Kindes- und Jugendalters: Studie für das BMG zum Projekt
    294 Beratungs- und
    295 Behandlungsangebote zum pathologischen Internetgebrauch in
    296 Deutschland, S. 5.
    297
    298 1.3.2 Strukturelle Defizite
    299
    300
    301 Die Studie der Initiative D21 „Digitale Gesellschaft" aus
    302 dem Jahr 2010 [4]zeigt deutlich, dass die digitale Spaltung
    303 der Gesellschaft eher qualitativ als quantitativ zunimmt.
    304 Der Anteil internetferner Menschen wird zwar kleiner,
    305 gleichzeitig werden aber auch die Kompetenzen dieser
    306 digitalen Außenseiter geringer. Vor allem aber zeigt die
    307 Studie, dass die digitale Spaltung eine soziale Spaltung
    308 ist: die Außenseiter finden sich vorwiegend in armen
    309 Haushalten. Eine Förderung von Medienkompetenz muss deshalb
    310 einhergehen mit der Förderung einer flächendeckenden
    311 Internetanbindung ohne Ansehen der wirtschaftlichen
    312 Situation der Nutzer. Dies gilt für Netze wie für netzfähige
    313 Geräte gleichermaßen.
    314
    315 Der Sachverständige Hannes Schwaderer betonte in der
    316 Expertenanhörung der Enquete-Kommission zur Medienkompetenz
    317 am 13. Dezember 2010, dass Bildungschancen nicht vom
    318 sozialen Milieu oder der Familiensituation abhängig sein
    319 dürfen. Da Intelligenz über alle soziale Schichten
    320 gleichermaßen verteilt sei, gelte es daher besonders, die
    321 Bedürfnisse von Kindern sozial schwächerer Herkunft zu
    322 beleuchten. Ein Zugang zu digitalen Lernwerkzeugen müsse
    323 über die Schule erfolgen und dürfe nicht nur der häuslichen
    324 Ausstattung obliegen.
    325
    326 Es gibt darüber hinaus auch Positionen, die die Gründe für
    327 die digitale Spaltung weniger in den Zugangsmöglichkeiten
    328 zum Internet bzw. der Infrastruktur sehen, dafür aber
    329 verstärkt in der Art und Weise der Nutzung. Hier zeigen sich
    330 Unterschiede vor allem regional, geschlechtsspezifisch,
    331 altersbedingt, ökonomisch und bildungsgradabhängig. So sind
    332 bildungsferne Nutzer beispielsweise eher konsumorientiert.
    333 Sie nutzen die Chancen und Potentiale der Teilhabe und der
    334 Information kaum.
    335
    336 Weitgehende Einigkeit indes besteht darüber, das Radio und
    337 Fernsehen kein Ersatz für einen
    338 Internetzugang sind. Nicht nur fehlen den traditionellen
    339 Medien die partizipativen Möglichkeiten von
    340 Online-Angeboten. Auch im Bereich der
    341 Informationsbereitstellung ist das Internet unverzichtbar
    342 geworden. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an der
    343 sinkenden Zahl von Wortbeiträgen im Radioprogramm oder durch
    344 den Verweis auf zusätzliche Informationen im Internet
    345 während der Fernsehnachrichten.
    346
    347 [4] Quellenangabe/Studie (offen)
    348
    349 Die Kommission wird zu klären versuchen, auf welche Weise
    350 die bestehende digitale
    351 Spaltung am ehesten zu überwinden ist. Folgende Punkte
    352 werden als mögliche Ansätze
    353 betrachtet:
    354
    355 - bessere Geräteausstattung an Schulen, Ausbildungs- und
    356 Jugendeinrichtungen,
    357 Universitäten, Kindergärten etc.,
    358 - Nutzung von e-learning-Angeboten,
    359 - Verfügbarkeit von mehr frei zugänglicher Infrastruktur für
    360 alle Generationen, die
    361 auch Beratung und Betreuung beinhaltet (insbesondere im
    362 Beruf),
    363 - (Aus-, Weiter-)Bildung der Erklärenden/Lehrenden,
    364 - Harmonisierung der Lehrpläne und des Anforderungskatalogs
    365 zwischen den
    366 zuständigen Ländern, Kultusbehörden und
    367 Wissenschaftsministerien,
    368 - spezielle Förderung von Zielgruppen (Frauen, Senioren,
    369 Menschen mit
    370 Migrationshintergrund,Menschen mit körperlichen und
    371 geistigen
    372 Beeinträchtigungen, Kinder und Jugendliche aus
    373 bildungsfernen Familien) durch
    374 öffentliche und private Bildungsträger,
    375 - Lösung für das akute Problem bis die Aus- und
    376 Weiterbildungsmaßnahmen bei
    377 Lehrern, Erziehern und Sozialarbeitern greifen ->
    378 peer-to-peer Konzepte umsetzen.
  • 2.1.3 Risiken interaktiverMedien (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 (Einfügen von Unterüberschriften bis 16. März 2011 durch
    2 PG-Mitglieder.)
    3
    4 Risiken im Umgang mit interaktiven Medien gibt es in
    5 zweierlei Hinsicht: Zum einen werden Benutzerinnen und
    6 Benutzer von externen Quellen mit Risiken, kriminellen
    7 Handlungen oder Störfaktoren konfrontiert. Zum anderen
    8 können aber auch fehlende eigene Kompetenzen und
    9 Fähigkeiten Negatives für die persönliche Entwicklung oder
    10 im Umgang mit anderen hervorrufen. Folgen können in beiden
    11 Bereichen sozialer, persönlicher, rechtlicher, finanzieller
    12 oder technischer Art und Weise sein.
    13
    14 Wichtig ist die Feststellung, dass problematische Inhalte
    15 oder illegale/kriminelle Handlungen in bzw. durch die
    16 interaktiven Medien nicht durch das Medium selbst
    17 erschaffen werden, sondern in jedem Fall Konsequenz und
    18 Folge aus menschlichem Handeln sind.
    19
    20 Exemplarisch seien an dieser Stelle für beide Bereiche
    21 einige mögliche Formen von Risiken genannt:
    22
    23 Im Bereich der Risiken interaktiver Medien sind
    24 Schlagwörter wie Cyber-Mobbing, Grooming oder Gefahren
    25 durch die Preisgabe von persönlichen Daten in der aktuellen
    26 Debatte vor allem im Hinblick auf Kinder und Jugendliche in
    27 aller Munde. Sowie bei den meisten der im Folgenden zu
    28 benennenden Risiken ist Mobbing kein grundsätzlich neues
    29 Phänomen der digitalen Gesellschaft, sondern findet im
    30 Internet – ähnlich wie via Mobiltelefon – lediglich eine
    31 neue Art der Ausbreitung.
    32
    33 Vor allem in Sozialen Netzwerken oder Foren leiden
    34 Betroffene unter Umständen unter übler Nachrede,
    35 Diffamierung, Belästigung oder Nötigung durch
    36 Mitschülerinnen und Mitschüler oder Bekannte – die sich
    37 durch die Benutzung von falschen Namen oder Avataren nicht
    38 zu erkennen geben müssen. Im Falle von Grooming handelt es
    39 sich um die gezielte sexuelle Belästigung von Kindern und
    40 Jugendlichen via Internet. Nach aktuellen Studien [u.a.
    41 Bitkom-Studie; in KIM 2010; EU-Kids Online] kommt dies in
    42 der Praxis allerdings eher selten vor und steht in keinem
    43 Verhältnis zu der öffentlichen Wahrnehmung dieses Themas.
    44
    45 Sexuelle Belästigung geht oft auch von gleichaltrigen
    46 Jugendlichen aus. Neben der persönlichen Wachsamkeit und
    47 einem gesunden Misstrauen Unbekannten gegenüber, kann auch
    48 der sparsame Umgang mit persönlichen Informationen solchen
    49 Belästigungen vorbeugen. Grundsätzlich scheint es ratsam,
    50 sparsam mit der Preisgabe von eigenen Daten umzugehen und
    51 vor jeder Veröffentlichung von privaten Informationen den
    52 daraus entstehenden Nutzen und die möglichen Konsequenzen
    53 abzuwägen. Auch wenn der Wert und die Notwendigkeit von
    54 Privatsphäre aktuell an Bedeutung zu verlieren scheinen,
    55 wäre trotzdem ein bewussterer Umgang damit wünschenswert.
    56
    57 Ähnlich wie in anderen Medien kann es auch im Internet
    58 vorkommen, dass Kinder und Jugendliche ungewollt mit nicht
    59 altersgerechten Inhalten konfrontiert werden, u.a. mit
    60 Darstellungen von Gewalt, Krieg oder Pornographie.
    61
    62 Unter wirtschaftlichem Aspekt sind Abo- und Kostenfallen zu
    63 nennen, denen nicht nur Kinder und Jugendliche zum Opfer
    64 fallen, sondern alle Altersgruppen. Auch werden immer
    65 wieder Fälle bekannt, in denen Kinder und Jugendliche
    66 unbewusst Anbieter von urheberrechtlich geschützten Werken
    67 in Tauschbörsen werden.
    68
    69 Konkret beschreibbar sind die Gefahren, die durch
    70 Computerviren und -würmer sowie Trojaner ausgelöst werden.
    71 Allen gemeinsam ist, dass ein Angreifer versucht, in die
    72 Computer seiner Opfer eine Software einzuschleusen.
    73 Computerviren und -würmer versuchen, sich über die
    74 kompromittierten Computer selbst weiter zu verbreiten.
    75 Viren verändern dabei in der Regel fremde Dateien
    76 (Startprogramme, Bootsektoren usw.), während Würmer
    77 normalerweise keine fremden Dateien manipulieren.
    78 Trojanische Pferde, kurz Trojaner, sind Computerprogramme,
    79 die sich als mehr oder minder nützliche Anwendung tarnen,
    80 im Hintergrund und ohne Wissen des Anwenders aber andere
    81 Funktionen erfüllen.
    82
    83 Heutzutage ist der Hauptzweck von Viren, Würmern und
    84 Trojanern vor allem der Aufbau so genannter Botnetze. Dabei
    85 stellen oftmals tausende bis Millionen Rechner im Internet
    86 ihre Kapazitäten (Rechenleistung, Netzwerkanbindung usw.)
    87 dem kontrollierenden Angreifer zur Verfügung.
    88 Sicherheitsdienstleister schätzen, dass einige Botnetze bis
    89 zu 30 Millionen Rechner kontrollieren.
    90 [http://de.wikipedia.org/wiki/Botnet] Sie werden meistens
    91 zum Versenden von Spam-Mails, für Angriffe auf Server oder
    92 zum Knacken von Passwörtern genutzt. Der Inhaber des
    93 betroffenen Computers bemerkt die Infizierung meistens
    94 nicht, versendet sie aber.
    95
    96 So genannte Spyware ist eine Software, die zum Ziel hat,
    97 den Nutzer auszuspionieren, seine Angewohnheiten
    98 auszuforschen und ihm so gezielt Werbung und ähnliches zu
    99 präsentieren. Häufiger anzutreffen ist heutzutage
    100 „Scareware“. Darunter versteht man Software, die dem
    101 Benutzer verunsichern und ängstigen soll, ihn
    102 beispielsweise vor einer erfundenen Infizierung seines
    103 Computers mit einem Virus warnt und gegen Bezahlung eine
    104 Entfernung des vermeintlichen Schädlings anbietet. Hier
    105 wird also vor allem der Nutzer selbst geschädigt, während
    106 bei Viren, Würmern und Trojanern vor allem andere
    107 geschädigt werden.
    108
    109 Die meisten der Infizierungen ließen sich durch eine höhere
    110 Medienkompetenz der Nutzer verhindern oder zumindest
    111 nachträglich aufspüren. Dazu gehört nicht nur eine sichere
    112 Konfiguration der Computer, sondern auch ein bewusstes
    113 Umgehen mit Gefahren und das rechtzeitige Schließen von
    114 Sicherheitslücken.
    115
    116 Eine verwandte Gefahr ist das so genannte Phishing (von
    117 Password Fishing), also das Angeln nach Passwörtern mit
    118 Ködern. Dabei versuchen Angreifer, von Anwendern
    119 Passwörter, Kreditkartennummern oder PINs und TANs für das
    120 Homebanking zu ergaunern. Dazu werden beispielsweise
    121 Webseiten von Banken weitgehend originalgetreu nachgebildet
    122 und der Nutzer aufgefordert, PIN und TAN einzugeben.
    123 Stattdessen nutzt der Betrüger die erbeuteten Daten, um
    124 selbst Überweisungen zu tätigen und das Opfer zu betrügen.
    125 In der Zwischenzeit laufen entsprechende Angriffe oft auch
    126 mit Unterstützung von Trojanern ab, so dass entsprechende
    127 Daten bei der Eingabe auf infizierten Computern abgefangen
    128 werden.
    129
    130 Auch hier lässt sich die Gefahr durch Medienkompetenz
    131 weitgehend eindämmen:Medienkompetente Nutzer erkennen
    132 Phishing-Mails, in denen sie zur Eingabe ihres Passwortes
    133 oder von PIN/TAN vom Online-Banking aufgerufen werden.
    134 Medienkompetente Nutzer erkennen auch, wenn eine fremde
    135 Webseite sich als Webseite einer Bank oder als
    136 betrügerische Abzockwebsite ausgibt.
    137
    138 Auswirkungen fehlender Medienkompetenz
    139
    140
    141 Risiken werden aber nicht nur extern an die Nutzerinnen
    142 und Nutzer herangetragen, auch deren eigener Umgang mit dem
    143 Internet bzw. dessen Inhalten kann problematische
    144 Auswirkungen haben:
    145
    146 Fehlende Medienkompetenz tritt in vielen Bereichen zu Tage,
    147 u.a. in der mangelhaften und unkritischen Bewertung von
    148 Medieninhalten. Problematisch scheint zudem vor allem bei
    149 Kindern zu sein, dass diese oftmals nicht zwischen
    150 eingeblendeter Werbung und redaktionellen Inhalten
    151 unterscheiden können. Die pure Menge an abrufbaren
    152 Informationen führt nicht automatisch dazu, dass jeder in
    153 der Lage ist, sich ein umfassendes Meinungsbild zu machen.
    154 Es kann vielmehr dazu führen, dass es zu einer Überforderung
    155 aufgrund der Fülle an Informationen und Kommunikationswegen
    156 und damit zu einer reduzierten und einseitigen
    157 Informationsaufnahme kommen kann.
    158
    159 Unkritisch ist bisweilen auch der Umgang mit den Rechten
    160 anderer: So führen fehlendes Wissen und fehlende Kompetenz
    161 immer wieder zu Verstößen gegen das Urheberrecht, den
    162 Datenschutz oder die Persönlichkeitsrechte anderer. Gerade
    163 in Bezug auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geht
    164 mangelnde Medienkompetenz immer auch einher mit mangelnder
    165 sozialer Kompetenz.
    166
    167 Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Dauer der
    168 Mediennutzung. Fehlende Medienkompetenz kann hierbei den
    169 Verlust des Bezuges zur „realen“ Welt und das sich
    170 vorwiegend in der virtuellen Umgebung Bewegen durchaus
    171 verstärken. Neben dem möglichen Verlust von
    172 sozialen Kontakten und Bindungen - mit all den Facetten
    173 zwischenmenschlicher Kontakte (Mimik, Gestik, körperliche
    174 Erfahrungen) - kann exzessive Mediennutzung auch zu
    175 physischen sowie psychischen Einschränkungen führen.
    176
    177 Fehlende Medienkompetenz kann sich aber auch ganz konkret
    178 auf gesellschaftliche Teilhabe,
    179 Bildung und sozialen Aufstieg auswirken. So bietet das
    180 Internet in vielfacher Weise die
    181 Möglichkeit, gesellschaftliche Debatten zu verfolgen und
    182 sich selbst einzubringen. Des
    183 Weiteren ist Medienkompetenz mittlerweile eine
    184 unverzichtbare Fähigkeit, die für den
    185 Erfolg in Schule, Ausbildung und Beruf wichtig ist.
    186
    187 Medienkompetenz kann viele dieser Risiken minimieren,
    188 teilweise sogar vollständig
    189 vermeiden. Insofern wird es ein zentrales Anliegen der
    190 Kommission sein, Ideen zu
    191 entwickeln, um die Vermittlung von Medienkompetenz an alle
    192 gesellschaftlichen
    193
    194 Zielgruppen zu optimieren. Es zeigt sich aber auch, dass
    195 angesichts der erwähnten Risiken Medienkompetenz nicht alle
    196 Probleme lösen kann und es einer engen Verzahnung mit dem
    197 Jugend- und dem Verbraucherschutz bedarf.
    198
    199 Medienkompetenz schafft digitale Selbständigkeit. Diese ist
    200 in einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft für
    201 demokratische Teilhabe, wirtschaftliche
    202 Chancengerechtigkeit und freie Entfaltung der
    203 Persönlichkeit von grundlegender Notwendigkeit. Fehlt
    204 diese, wird es dem Individuum nicht gelingen, Medien und
    205 deren Inhalte den eigenen Bedürfnissen und Zielen
    206 entsprechend zu nutzen.
    207
    208 1.3.1 Mediensucht und Prävention
    209
    210 (Ergänzung des folgenden Abschnitts um die Ergebnisse einer
    211 aktuellen Studie des Hans-
    212 Bredow-Institutes bis 16. März 2011 durch PG-Mitglieder.)
    213
    214 Dass interaktive Medien den Menschen so viele Chancen und
    215 so viel Abwechslung bieten, bleibt nicht ohne Risiken –
    216 beispielsweise dann, wenn Medien zum Suchtmittel werden. So
    217 gelten laut einer Studie der Medizinischen Hochschule
    218 Hannover von 2006 etwa sechs Prozent aller deutschen
    219 Internetnutzer als onlinesüchtig und noch einmal so viele
    220 als stark suchtgefährdet. [1]
    221
    222 Auch internationale Untersuchungen zeigen, dass die
    223 Prävalenzrate, also der Anteil jener, die einem
    224 Suchtverhalten zuzuordnen sind, zwischen einem und maximal
    225 fünf Prozent liegt. Je nach Studie verbringen die als
    226 abhängig beschriebenen Personen bis zu 40 Stunden je Woche
    227 im Internet. Nichtsüchtige kommen wöchentlich auf maximal
    228 20 Stunden. [2]
    229
    230 Die Auslöser, Mechanismen und Symptome der Mediensucht
    231 gleichen denen anderer nicht stoffgebundener
    232 Suchterkrankungen: Durch den Konsum bestimmter
    233 Medienangebote wird das körpereigene Belohnungssystem in
    234 Gang gesetzt. Der damit einhergehende Dopaminausstoß führt
    235 zu einem gefühlten Erfolgserlebnis, auf das manche nicht
    236 mehr verzichten können. Zu den typischen
    237 Abhängigkeitssymptomen zählen ein unkontrollierter,
    238 stundenlanger Konsum, die stetige Erhöhung der „Dosis“,
    239 eine ständige gedankliche Beschäftigung mit dem
    240 Suchtverhalten, misslingende Reduzierungsversuche sowie
    241 Entzugserscheinungen beispielsweise in Form von
    242 Aggressivität, wenn das Suchtmittel nicht zur Verfügung
    243 steht.
    244
    245 Die negativen Folgen der Mediensucht sind – wie bei anderen
    246 Abhängigkeitserkrankungen auch – nicht nur psychischer
    247 Natur, sondern erstrecken sich ebenso auf die körperliche
    248 Gesundheit und das soziale Umfeld der Betroffenen. Es kommt
    249 oftmals zu einer Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse,
    250 der beruflichen bzw. schulischen Verpflichtungen und
    251 sozialen Kontakte. Die Betroffenen verheimlichen oder
    252 bagatellisieren das eigene Suchtverhalten. Mitunter geraten
    253 sie sogar in finanzielle Verschuldung.
    254
    255 In der Gesellschaft und der Wissenschaft wird
    256 Medienabhängigkeit bislang nur unzureichend thematisiert.
    257 Sie ist selten Gegenstand empirischer Forschung. Es fehlt
    258 nach wie vor an belastbarem Datenmaterial. Eine für das
    259 Bundesministerium für Gesundheit im Zeitraum von 2008 bis
    260 2010 angefertigte Untersuchung stellt dazu fest: Es wäre
    261 „insbesondere eine interdisziplinäre Längsschnittstudie
    262 wünschenswert, die mit neurobiologischen, genetischen und
    263 entwicklungspsychiatrischen Methoden Kinder vor Beginn des
    264 pathologischen Internetgebrauchs bis in das
    265 Erwachsenenalter hinein untersuchen würde.“ [3]
    266
    267 Weiterer Handlungsbedarf besteht in der Hinsicht, dass
    268 Medienabhängigkeit bisher nicht als eigenständige Suchtform
    269 anerkannt ist. Die Kommission betrachtet Medienabhängigkeit
    270 als eine eigenständige, nicht stoffgebundene Suchtform und
    271 hält eine Anerkennung als Erkrankung nach dem
    272 Diagnoseschlüssel ICD der Weltgesundheitsorganisation für
    273 geboten. Darüber hinaus sieht die Kommission die
    274 Notwendigkeit einer umfassenden Erforschung des
    275 Krankheitsbildes.
    276
    277 In der Bundesrepublik gibt es derzeit nur ein sehr
    278 begrenztes Angebot an Beratungs- und Therapiemöglichkeiten
    279 für Betroffene. Die erfolgversprechendste
    280 Präventionsmaßnahme hingegen ist, Kinder und Jugendliche in
    281 ihrem Umgang mit Medien zu begleiten. Hier sind in erster
    282 Linie die Familien gefragt. Wenn vor allem Eltern jedoch
    283 keine oder nur begrenzte medienpädagogische Fähigkeiten
    284 aufweisen, müssen sie auf geeignete Beratungsmöglichkeiten
    285 zurückgreifen können. Zusätzlich muss gewährleistet sein,
    286 dass in Schule, Ausbildung und Freizeit ausreichend
    287 qualifizierte medienpädagogische Angebote zur Verfügung
    288 stehen.
    289
    290 [1] vgl.: Bert te Wildt 2006, Medizinische Hochschule
    291 Hannover – Bitte Quellenangabe durch
    292 das Büro MdB Tabea Rößner.
    293
    294 [2] Bitte Quellenangabe durch das Büro MdB Dr. Petra Sitte.
    295
    296 [3] Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf/Deutsches
    297 Zentrum für Suchtfragen des
    298 Kindes- und Jugendalters: Studie für das BMG zum Projekt
    299 Beratungs- und
    300 Behandlungsangebote zum pathologischen Internetgebrauch in
    301 Deutschland, S. 5.
    302
    303 1.3.2 Strukturelle Defizite
    304
    305
    306 Die Studie der Initiative D21 „Digitale Gesellschaft" aus
    307 dem Jahr 2010 [4]zeigt deutlich, dass die digitale Spaltung
    308 der Gesellschaft eher qualitativ als quantitativ zunimmt.
    309 Der Anteil internetferner Menschen wird zwar kleiner,
    310 gleichzeitig werden aber auch die Kompetenzen dieser
    311 digitalen Außenseiter geringer. Vor allem aber zeigt die
    312 Studie, dass die digitale Spaltung eine soziale Spaltung
    313 ist: die Außenseiter finden sich vorwiegend in armen
    314 Haushalten. Eine Förderung von Medienkompetenz muss deshalb
    315 einhergehen mit der Förderung einer flächendeckenden
    316 Internetanbindung ohne Ansehen der wirtschaftlichen
    317 Situation der Nutzer. Dies gilt für Netze wie für
    318 netzfähige Geräte gleichermaßen.
    319
    320 Der Sachverständige Hannes Schwaderer betonte in der
    321 Expertenanhörung der Enquete-Kommission zur Medienkompetenz
    322 am 13. Dezember 2010, dass Bildungschancen nicht vom
    323 sozialen Milieu oder der Familiensituation abhängig sein
    324 dürfen. Da Intelligenz über alle soziale Schichten
    325 gleichermaßen verteilt sei, gelte es daher besonders, die
    326 Bedürfnisse von Kindern sozial schwächerer Herkunft zu
    327 beleuchten. Ein Zugang zu digitalen Lernwerkzeugen müsse
    328 über die Schule erfolgen und dürfe nicht nur der häuslichen
    329 Ausstattung obliegen.
    330
    331 Es gibt darüber hinaus auch Positionen, die die Gründe für
    332 die digitale Spaltung weniger in den Zugangsmöglichkeiten
    333 zum Internet bzw. der Infrastruktur sehen, dafür aber
    334 verstärkt in der Art und Weise der Nutzung. Hier zeigen
    335 sich Unterschiede vor allem regional,
    336 geschlechtsspezifisch, altersbedingt, ökonomisch und
    337 bildungsgradabhängig. So sind bildungsferne Nutzer
    338 beispielsweise eher konsumorientiert. Sie nutzen die
    339 Chancen und Potentiale der Teilhabe und der Information
    340 kaum.
    341
    342 Weitgehende Einigkeit indes besteht darüber, das Radio und
    343 Fernsehen kein Ersatz für einen
    344 Internetzugang sind. Nicht nur fehlen den traditionellen
    345 Medien die partizipativen Möglichkeiten von
    346 Online-Angeboten. Auch im Bereich der
    347 Informationsbereitstellung ist das Internet unverzichtbar
    348 geworden. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an der
    349 sinkenden Zahl von Wortbeiträgen im Radioprogramm oder
    350 durch den Verweis auf zusätzliche Informationen im Internet
    351 während der Fernsehnachrichten.
    352
    353 [4] Quellenangabe/Studie (offen)
    354
    355 Die Kommission wird zu klären versuchen, auf welche Weise
    356 die bestehende digitale
    357 Spaltung am ehesten zu überwinden ist. Folgende Punkte
    358 werden als mögliche Ansätze
    359 betrachtet:
    360
    361 - bessere Geräteausstattung an Schulen, Ausbildungs- und
    362 Jugendeinrichtungen,Universitäten, Kindergärten etc.,
    363 - Nutzung von e-learning-Angeboten,
    364
    365 - Verfügbarkeit von mehr frei zugänglicher Infrastruktur
    366 für alle Generationen, die
    367 auch Beratung und Betreuung beinhaltet (insbesondere im
    368 Beruf),
    369
    370 - (Aus-, Weiter-)Bildung der Erklärenden/Lehrenden,
    371
    372 - Harmonisierung der Lehrpläne und des Anforderungskatalogs
    373 zwischen den
    374 zuständigen Ländern, Kultusbehörden und
    375 Wissenschaftsministerien,
    376
    377 - spezielle Förderung von Zielgruppen (Frauen, Senioren,
    378 Menschen mit
    379 Migrationshintergrund,Menschen mit körperlichen und
    380 geistigen Beeinträchtigungen, Kinder und Jugendliche aus
    381 bildungsfernen Familien) durch öffentliche und private
    382 Bildungsträger,
    383
    384 - Lösung für das akute Problem bis die Aus- und
    385 Weiterbildungsmaßnahmen bei Lehrern, Erziehern und
    386 Sozialarbeitern greifen -> peer-to-peer Konzepte
    387 umsetzen.
  • 2.1.3 Risiken interaktiverMedien (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 (Einfügen von Unterüberschriften bis 16. März 2011 durch
    2 PG-Mitglieder.)
    3
    4 Risiken im Umgang mit interaktiven Medien gibt es in
    5 zweierlei Hinsicht: Zum einen werden Benutzerinnen und
    6 Benutzer von externen Quellen mit Risiken, kriminellen
    7 Handlungen oder Störfaktoren konfrontiert. Zum anderen
    8 können aber auch fehlende eigene Kompetenzen und
    9 Fähigkeiten Negatives für die persönliche Entwicklung oder
    10 im Umgang mit anderen hervorrufen. Folgen können in beiden
    11 Bereichen sozialer, persönlicher, rechtlicher, finanzieller
    12 oder technischer Art und Weise sein.
    13
    14 Wichtig ist die Feststellung, dass problematische Inhalte
    15 oder illegale/kriminelle Handlungen in bzw. durch die
    16 interaktiven Medien nicht durch das Medium selbst
    17 erschaffen werden, sondern in jedem Fall Konsequenz und
    18 Folge aus menschlichem Handeln sind.
    19
    20 Exemplarisch seien an dieser Stelle für beide Bereiche
    21 einige mögliche Formen von Risiken genannt:
    22
    23 Im Bereich der Risiken interaktiver Medien sind
    24 Schlagwörter wie Cyber-Mobbing, Grooming oder Gefahren
    25 durch die Preisgabe von persönlichen Daten in der aktuellen
    26 Debatte vor allem im Hinblick auf Kinder und Jugendliche in
    27 aller Munde. Sowie bei den meisten der im Folgenden zu
    28 benennenden Risiken ist Mobbing kein grundsätzlich neues
    29 Phänomen der digitalen Gesellschaft, sondern findet im
    30 Internet – ähnlich wie via Mobiltelefon – lediglich eine
    31 neue Art der Ausbreitung.
    32
    33 Vor allem in Sozialen Netzwerken oder Foren leiden
    34 Betroffene unter Umständen unter übler Nachrede,
    35 Diffamierung, Belästigung oder Nötigung durch
    36 Mitschülerinnen und Mitschüler oder Bekannte – die sich
    37 durch die Benutzung von falschen Namen oder Avataren nicht
    38 zu erkennen geben müssen. Im Falle von Grooming handelt es
    39 sich um die gezielte sexuelle Belästigung von Kindern und
    40 Jugendlichen via Internet. Nach aktuellen Studien [u.a.
    41 Bitkom-Studie; in KIM 2010; EU-Kids Online] kommt dies in
    42 der Praxis allerdings eher selten vor und steht in keinem
    43 Verhältnis zu der öffentlichen Wahrnehmung dieses Themas.
    44
    45 Sexuelle Belästigung geht oft auch von gleichaltrigen
    46 Jugendlichen aus. Neben der persönlichen Wachsamkeit und
    47 einem gesunden Misstrauen Unbekannten gegenüber, kann auch
    48 der sparsame Umgang mit persönlichen Informationen solchen
    49 Belästigungen vorbeugen. Grundsätzlich scheint es ratsam,
    50 sparsam mit der Preisgabe von eigenen Daten umzugehen und
    51 vor jeder Veröffentlichung von privaten Informationen den
    52 daraus entstehenden Nutzen und die möglichen Konsequenzen
    53 abzuwägen. Auch wenn der Wert und die Notwendigkeit von
    54 Privatsphäre aktuell an Bedeutung zu verlieren scheinen,
    55 wäre trotzdem ein bewussterer Umgang damit wünschenswert.
    56
    57 Ähnlich wie in anderen Medien kann es auch im Internet
    58 vorkommen, dass Kinder und Jugendliche ungewollt mit nicht
    59 altersgerechten Inhalten konfrontiert werden, u.a. mit
    60 Darstellungen von Gewalt, Krieg oder Pornographie.
    61
    62 Unter wirtschaftlichem Aspekt sind Abo- und Kostenfallen zu
    63 nennen, denen nicht nur Kinder und Jugendliche zum Opfer
    64 fallen, sondern alle Altersgruppen. Auch werden immer
    65 wieder Fälle bekannt, in denen Kinder und Jugendliche
    66 unbewusst Anbieter von urheberrechtlich geschützten Werken
    67 in Tauschbörsen werden.
    68
    69 Konkret beschreibbar sind die Gefahren, die durch
    70 Computerviren und -würmer sowie Trojaner ausgelöst werden.
    71 Allen gemeinsam ist, dass ein Angreifer versucht, in die
    72 Computer seiner Opfer eine Software einzuschleusen.
    73 Computerviren und -würmer versuchen, sich über die
    74 kompromittierten Computer selbst weiter zu verbreiten.
    75 Viren verändern dabei in der Regel fremde Dateien
    76 (Startprogramme, Bootsektoren usw.), während Würmer
    77 normalerweise keine fremden Dateien manipulieren.
    78 Trojanische Pferde, kurz Trojaner, sind Computerprogramme,
    79 die sich als mehr oder minder nützliche Anwendung tarnen,
    80 im Hintergrund und ohne Wissen des Anwenders aber andere
    81 Funktionen erfüllen.
    82
    83 Heutzutage ist der Hauptzweck von Viren, Würmern und
    84 Trojanern vor allem der Aufbau so genannter Botnetze. Dabei
    85 stellen oftmals tausende bis Millionen Rechner im Internet
    86 ihre Kapazitäten (Rechenleistung, Netzwerkanbindung usw.)
    87 dem kontrollierenden Angreifer zur Verfügung.
    88 Sicherheitsdienstleister schätzen, dass einige Botnetze bis
    89 zu 30 Millionen Rechner kontrollieren.
    90 [http://de.wikipedia.org/wiki/Botnet] Sie werden meistens
    91 zum Versenden von Spam-Mails, für Angriffe auf Server oder
    92 zum Knacken von Passwörtern genutzt. Der Inhaber des
    93 betroffenen Computers bemerkt die Infizierung meistens
    94 nicht, versendet sie aber.
    95
    96 So genannte Spyware ist eine Software, die zum Ziel hat,
    97 den Nutzer auszuspionieren, seine Angewohnheiten
    98 auszuforschen und ihm so gezielt Werbung und ähnliches zu
    99 präsentieren. Häufiger anzutreffen ist heutzutage
    100 „Scareware“. Darunter versteht man Software, die dem
    101 Benutzer verunsichern und ängstigen soll, ihn
    102 beispielsweise vor einer erfundenen Infizierung seines
    103 Computers mit einem Virus warnt und gegen Bezahlung eine
    104 Entfernung des vermeintlichen Schädlings anbietet. Hier
    105 wird also vor allem der Nutzer selbst geschädigt, während
    106 bei Viren, Würmern und Trojanern vor allem andere
    107 geschädigt werden.
    108
    109 Die meisten der Infizierungen ließen sich durch eine höhere
    110 Medienkompetenz der Nutzer verhindern oder zumindest
    111 nachträglich aufspüren. Dazu gehört nicht nur eine sichere
    112 Konfiguration der Computer, sondern auch ein bewusstes
    113 Umgehen mit Gefahren und das rechtzeitige Schließen von
    114 Sicherheitslücken.
    115
    116 Eine verwandte Gefahr ist das so genannte Phishing (von
    117 Password Fishing), also das Angeln nach Passwörtern mit
    118 Ködern. Dabei versuchen Angreifer, von Anwendern
    119 Passwörter, Kreditkartennummern oder PINs und TANs für das
    120 Homebanking zu ergaunern. Dazu werden beispielsweise
    121 Webseiten von Banken weitgehend originalgetreu nachgebildet
    122 und der Nutzer aufgefordert, PIN und TAN einzugeben.
    123 Stattdessen nutzt der Betrüger die erbeuteten Daten, um
    124 selbst Überweisungen zu tätigen und das Opfer zu betrügen.
    125 In der Zwischenzeit laufen entsprechende Angriffe oft auch
    126 mit Unterstützung von Trojanern ab, so dass entsprechende
    127 Daten bei der Eingabe auf infizierten Computern abgefangen
    128 werden.
    129
    130 Auch hier lässt sich die Gefahr durch Medienkompetenz
    131 weitgehend eindämmen:Medienkompetente Nutzer erkennen
    132 Phishing-Mails, in denen sie zur Eingabe ihres Passwortes
    133 oder von PIN/TAN vom Online-Banking aufgerufen werden.
    134 Medienkompetente Nutzer erkennen auch, wenn eine fremde
    135 Webseite sich als Webseite einer Bank oder als
    136 betrügerische Abzockwebsite ausgibt.
    137
    138 Auswirkungen fehlender Medienkompetenz
    139
    140
    141 Risiken werden aber nicht nur extern an die Nutzerinnen
    142 und Nutzer herangetragen, auch deren eigener Umgang mit dem
    143 Internet bzw. dessen Inhalten kann problematische
    144 Auswirkungen haben:
    145
    146 Fehlende Medienkompetenz tritt in vielen Bereichen zu Tage,
    147 u.a. in der mangelhaften und unkritischen Bewertung von
    148 Medieninhalten. Problematisch scheint zudem vor allem bei
    149 Kindern zu sein, dass diese oftmals nicht zwischen
    150 eingeblendeter Werbung und redaktionellen Inhalten
    151 unterscheiden können. Die pure Menge an abrufbaren
    152 Informationen führt nicht automatisch dazu, dass jeder in
    153 der Lage ist, sich ein umfassendes Meinungsbild zu machen.
    154 Es kann vielmehr dazu führen, dass es zu einer
    155 Überforderung aufgrund der Fülle an Informationen und
    156 Kommunikationswegen und damit zu einer reduzierten und
    157 einseitigen Informationsaufnahme kommen kann.
    158
    159 Unkritisch ist bisweilen auch der Umgang mit den Rechten
    160 anderer: So führen fehlendes Wissen und fehlende Kompetenz
    161 immer wieder zu Verstößen gegen das Urheberrecht, den
    162 Datenschutz oder die Persönlichkeitsrechte anderer. Gerade
    163 in Bezug auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten geht
    164 mangelnde Medienkompetenz immer auch einher mit mangelnder
    165 sozialer Kompetenz.
    166
    167 Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Dauer der
    168 Mediennutzung. Fehlende Medienkompetenz kann hierbei den
    169 Verlust des Bezuges zur „realen“ Welt und das sich
    170 vorwiegend in der virtuellen Umgebung Bewegen durchaus
    171 verstärken. Neben dem möglichen Verlust von sozialen
    172 Kontakten und Bindungen - mit all den Facetten
    173 zwischenmenschlicher Kontakte (Mimik, Gestik, körperliche
    174 Erfahrungen) - kann exzessive Mediennutzung auch zu
    175 physischen sowie psychischen Einschränkungen führen.
    176
    177 Fehlende Medienkompetenz kann sich aber auch ganz konkret
    178 auf gesellschaftliche Teilhabe, Bildung und sozialen
    179 Aufstieg auswirken. So bietet das Internet in vielfacher
    180 Weise die Möglichkeit, gesellschaftliche Debatten zu
    181 verfolgen und sich selbst einzubringen. Des Weiteren ist
    182 Medienkompetenz mittlerweile eine unverzichtbare Fähigkeit,
    183 die für den Erfolg in Schule, Ausbildung und Beruf wichtig
    184 ist.
    185
    186 Medienkompetenz kann viele dieser Risiken minimieren,
    187 teilweise sogar vollständig vermeiden. Insofern wird es ein
    188 zentrales Anliegen der Kommission sein, Ideen zu
    189 entwickeln, um die Vermittlung von Medienkompetenz an alle
    190 gesellschaftlichen
    191
    192 Zielgruppen zu optimieren. Es zeigt sich aber auch, dass
    193 angesichts der erwähnten Risiken Medienkompetenz nicht alle
    194 Probleme lösen kann und es einer engen Verzahnung mit dem
    195 Jugend- und dem Verbraucherschutz bedarf.
    196
    197 Medienkompetenz schafft digitale Selbständigkeit. Diese ist
    198 in einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft für
    199 demokratische Teilhabe, wirtschaftliche
    200 Chancengerechtigkeit und freie Entfaltung der
    201 Persönlichkeit von grundlegender Notwendigkeit. Fehlt
    202 diese, wird es dem Individuum nicht gelingen, Medien und
    203 deren Inhalte den eigenen Bedürfnissen und Zielen
    204 entsprechend zu nutzen.
    205
    206 1.3.1 Mediensucht und Prävention
    207
    208
    209 (Ergänzung des folgenden Abschnitts um die Ergebnisse einer
    210 aktuellen Studie des Hans-Bredow-Institutes bis 16. März
    211 2011 durch PG-Mitglieder.)
    212
    213 Dass interaktive Medien den Menschen so viele Chancen und
    214 so viel Abwechslung bieten, bleibt nicht ohne Risiken –
    215 beispielsweise dann, wenn Medien zum Suchtmittel werden. So
    216 gelten laut einer Studie der Medizinischen Hochschule
    217 Hannover von 2006 etwa sechs Prozent aller deutschen
    218 Internetnutzer als onlinesüchtig und noch einmal so viele
    219 als stark suchtgefährdet. [1]
    220
    221 Auch internationale Untersuchungen zeigen, dass die
    222 Prävalenzrate, also der Anteil jener, die einem
    223 Suchtverhalten zuzuordnen sind, zwischen einem und maximal
    224 fünf Prozent liegt. Je nach Studie verbringen die als
    225 abhängig beschriebenen Personen bis zu 40 Stunden je Woche
    226 im Internet. Nichtsüchtige kommen wöchentlich auf maximal
    227 20 Stunden. [2]
    228
    229 Die Auslöser, Mechanismen und Symptome der Mediensucht
    230 gleichen denen anderer nicht stoffgebundener
    231 Suchterkrankungen: Durch den Konsum bestimmter
    232 Medienangebote wird das körpereigene Belohnungssystem in
    233 Gang gesetzt. Der damit einhergehende Dopaminausstoß führt
    234 zu einem gefühlten Erfolgserlebnis, auf das manche nicht
    235 mehr verzichten können. Zu den typischen
    236 Abhängigkeitssymptomen zählen ein unkontrollierter,
    237 stundenlanger Konsum, die stetige Erhöhung der „Dosis“,
    238 eine ständige gedankliche Beschäftigung mit dem
    239 Suchtverhalten, misslingende Reduzierungsversuche sowie
    240 Entzugserscheinungen beispielsweise in Form von
    241 Aggressivität, wenn das Suchtmittel nicht zur Verfügung
    242 steht.
    243
    244 Die negativen Folgen der Mediensucht sind – wie bei anderen
    245 Abhängigkeitserkrankungen auch – nicht nur psychischer
    246 Natur, sondern erstrecken sich ebenso auf die körperliche
    247 Gesundheit und das soziale Umfeld der Betroffenen. Es kommt
    248 oftmals zu einer Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse,
    249 der beruflichen bzw. schulischen Verpflichtungen und
    250 sozialen Kontakte. Die Betroffenen verheimlichen oder
    251 bagatellisieren das eigene Suchtverhalten. Mitunter geraten
    252 sie sogar in finanzielle Verschuldung.
    253
    254 In der Gesellschaft und der Wissenschaft wird
    255 Medienabhängigkeit bislang nur unzureichend thematisiert.
    256 Sie ist selten Gegenstand empirischer Forschung. Es fehlt
    257 nach wie vor an belastbarem Datenmaterial. Eine für das
    258 Bundesministerium für Gesundheit im Zeitraum von 2008 bis
    259 2010 angefertigte Untersuchung stellt dazu fest: Es wäre
    260 „insbesondere eine interdisziplinäre Längsschnittstudie
    261 wünschenswert, die mit neurobiologischen, genetischen und
    262 entwicklungspsychiatrischen Methoden Kinder vor Beginn des
    263 pathologischen Internetgebrauchs bis in das
    264 Erwachsenenalter hinein untersuchen würde.“ [3]
    265
    266 Weiterer Handlungsbedarf besteht in der Hinsicht, dass
    267 Medienabhängigkeit bisher nicht als eigenständige Suchtform
    268 anerkannt ist. Die Kommission betrachtet Medienabhängigkeit
    269 als eine eigenständige, nicht stoffgebundene Suchtform und
    270 hält eine Anerkennung als Erkrankung nach dem
    271 Diagnoseschlüssel ICD der Weltgesundheitsorganisation für
    272 geboten. Darüber hinaus sieht die Kommission die
    273 Notwendigkeit einer umfassenden Erforschung des
    274 Krankheitsbildes.
    275
    276 In der Bundesrepublik gibt es derzeit nur ein sehr
    277 begrenztes Angebot an Beratungs- und Therapiemöglichkeiten
    278 für Betroffene. Die erfolgversprechendste
    279 Präventionsmaßnahme hingegen ist, Kinder und Jugendliche in
    280 ihrem Umgang mit Medien zu begleiten. Hier sind in erster
    281 Linie die Familien gefragt. Wenn vor allem Eltern jedoch
    282 keine oder nur begrenzte medienpädagogische Fähigkeiten
    283 aufweisen, müssen sie auf geeignete Beratungsmöglichkeiten
    284 zurückgreifen können. Zusätzlich muss gewährleistet sein,
    285 dass in Schule, Ausbildung und Freizeit ausreichend
    286 qualifizierte medienpädagogische Angebote zur Verfügung
    287 stehen.
    288
    289 [1] vgl.: Bert te Wildt 2006, Medizinische Hochschule
    290 Hannover – Bitte Quellenangabe durch
    291 das Büro MdB Tabea Rößner.
    292
    293 [2] Bitte Quellenangabe durch das Büro MdB Dr. Petra Sitte.
    294
    295 [3] Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf/Deutsches
    296 Zentrum für Suchtfragen des
    297 Kindes- und Jugendalters: Studie für das BMG zum Projekt
    298 Beratungs- und
    299 Behandlungsangebote zum pathologischen Internetgebrauch in
    300 Deutschland, S. 5.
    301
    302 1.3.2 Strukturelle Defizite
    303
    304
    305 Die Studie der Initiative D21 „Digitale Gesellschaft" aus
    306 dem Jahr 2010 [4]zeigt deutlich, dass die digitale Spaltung
    307 der Gesellschaft eher qualitativ als quantitativ zunimmt.
    308 Der Anteil internetferner Menschen wird zwar kleiner,
    309 gleichzeitig werden aber auch die Kompetenzen dieser
    310 digitalen Außenseiter geringer. Vor allem aber zeigt die
    311 Studie, dass die digitale Spaltung eine soziale Spaltung
    312 ist: die Außenseiter finden sich vorwiegend in armen
    313 Haushalten. Eine Förderung von Medienkompetenz muss deshalb
    314 einhergehen mit der Förderung einer flächendeckenden
    315 Internetanbindung ohne Ansehen der wirtschaftlichen
    316 Situation der Nutzer. Dies gilt für Netze wie für
    317 netzfähige Geräte gleichermaßen.
    318
    319 Der Sachverständige Hannes Schwaderer betonte in der
    320 Expertenanhörung der Enquete-Kommission zur Medienkompetenz
    321 am 13. Dezember 2010, dass Bildungschancen nicht vom
    322 sozialen Milieu oder der Familiensituation abhängig sein
    323 dürfen. Da Intelligenz über alle soziale Schichten
    324 gleichermaßen verteilt sei, gelte es daher besonders, die
    325 Bedürfnisse von Kindern sozial schwächerer Herkunft zu
    326 beleuchten. Ein Zugang zu digitalen Lernwerkzeugen müsse
    327 über die Schule erfolgen und dürfe nicht nur der häuslichen
    328 Ausstattung obliegen.
    329
    330 Es gibt darüber hinaus auch Positionen, die die Gründe für
    331 die digitale Spaltung weniger in den Zugangsmöglichkeiten
    332 zum Internet bzw. der Infrastruktur sehen, dafür aber
    333 verstärkt in der Art und Weise der Nutzung. Hier zeigen
    334 sich Unterschiede vor allem regional,
    335 geschlechtsspezifisch, altersbedingt, ökonomisch und
    336 bildungsgradabhängig. So sind bildungsferne Nutzer
    337 beispielsweise eher konsumorientiert. Sie nutzen die
    338 Chancen und Potentiale der Teilhabe und der Information
    339 kaum.
    340
    341 Weitgehende Einigkeit indes besteht darüber, das Radio und
    342 Fernsehen kein Ersatz für einen
    343 Internetzugang sind. Nicht nur fehlen den traditionellen
    344 Medien die partizipativen Möglichkeiten von
    345 Online-Angeboten. Auch im Bereich der
    346 Informationsbereitstellung ist das Internet unverzichtbar
    347 geworden. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch an der
    348 sinkenden Zahl von Wortbeiträgen im Radioprogramm oder
    349 durch den Verweis auf zusätzliche Informationen im Internet
    350 während der Fernsehnachrichten.
    351
    352 [4] Quellenangabe/Studie (offen)
    353
    354 Die Kommission wird zu klären versuchen, auf welche Weise
    355 die bestehende digitale Spaltung am ehesten zu überwinden
    356 ist. Folgende Punkte werden als mögliche Ansätze betrachtet:
    357
    358 - bessere Geräteausstattung an Schulen, Ausbildungs- und
    359 Jugendeinrichtungen,Universitäten, Kindergärten etc.,
    360
    361 - Nutzung von e-learning-Angeboten,
    362
    363 - Verfügbarkeit von mehr frei zugänglicher Infrastruktur
    364 für alle Generationen, die
    365 auch Beratung und Betreuung beinhaltet (insbesondere im
    366 Beruf),
    367
    368 - (Aus-, Weiter-)Bildung der Erklärenden/Lehrenden,
    369
    370 - Harmonisierung der Lehrpläne und des Anforderungskatalogs
    371 zwischen den
    372 zuständigen Ländern, Kultusbehörden und
    373 Wissenschaftsministerien,
    374
    375 - spezielle Förderung von Zielgruppen (Frauen, Senioren,
    376 Menschen mit
    377 Migrationshintergrund,Menschen mit körperlichen und
    378 geistigen Beeinträchtigungen, Kinder und Jugendliche aus
    379 bildungsfernen Familien) durch öffentliche und private
    380 Bildungsträger,
    381
    382 - Lösung für das akute Problem bis die Aus- und
    383 Weiterbildungsmaßnahmen bei Lehrern, Erziehern und
    384 Sozialarbeitern greifen -> peer-to-peer Konzepte
    385 umsetzen.