2.1.2 Chancen interaktiver Medien

1-2 von 2
  • 2.1.2 Chancen interaktiver Medien (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Interaktive Medien bieten vielfältigste Potentiale, aber
    2 auch spezifische Risiken für die
    3 unterschiedlichen Nutzergruppen. Dabei differiert die
    4 Bewertung naturgemäß, je nachdem
    5 ob eine Eigeneinschätzung des Endnutzers oder eine
    6 Fremdbewertung, zum Beispiel durch
    7 Eltern oder Erzieher, vorgenommen wird.
    8
    9 1.2.1. Stellenwert Internet-basierter Kommunikation
    10 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    11 PG-Mitglieder.)
    12
    13 Als Ausgangserkenntnis ist für die Kommission von besonderer
    14 Bedeutung, dass Kinder und
    15 Jugendliche selbst das Internet in erster Linie als nicht
    16 mehr wegzudenkende Bereicherung
    17 sowie als hilfreiches Instrument im gesellschaftlichen wie
    18 auch Lernalltag begreifen. Anders
    19 ausgedrückt: Das Netz ist für Kinder und Jugendliche
    20 Normalität. Entsprechend dominieren
    21 Positiverfahrungen sowie die Forderung nach stärkerer
    22 Einbeziehung des Alltagsmediums
    23 Internet in das Schul- und Ausbildungsumfeld die Bewertung
    24 und Erwartungshaltung von
    25 Kindern und Jugendlichen.
    26
    27 Jugendliche zwischen 12- bis 19 verbrachten 2010
    28 durchschnittlich 138 Minuten im Internet
    29 (JIM 2010). Auch die Jüngeren sind zunehmend im Netz: Nach
    30 Schätzung der befragten
    31 Haupterzieher verbringen die Sechs- bis 13-Jährigen
    32 durchschnittlich 24 Minuten pro Tag im
    33 Internet (KIM 2010). Ein Viertel der Sechs- bis 13-Jährigen
    34 will nicht mehr auf Computer und
    35 Internet verzichten (KIM 2010). Dessen ungeachtet sielt
    36 allerdings auch das traditionelle
    37 Medium Fernsehen weiterhin eine zentrale Rolle.
    38
    39 Eine Umfrage des BITKOM [1] im November 2010 bestätigt und
    40 differenziert diese Befunde:
    41
    42 • 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, sich ein
    43 Leben ohne Internet nicht
    44 mehr vorstellen zu können. In der Gruppe der 16-18-Jährigen
    45 sagen dies sogar 55 Prozent.
    46
    47 • 98 Prozent der Jugendlichen sind in besonderemMaße
    48 Freundschaften und Familie
    49 (96 Prozent) wichtig, 86 Prozent sagen dies vom
    50 Internetzugang.
    51
    52 • Der Internetzugang ist Jugendlichen damit fast genauso
    53 wichtig wie gute Schulnoten
    54 (93 Prozent).
    55
    56 Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche das
    57 Internet als normales Instrument
    58 ihres Alltags begreifen. Dementsprechend prägt auch
    59 Normalität die Bewertung der Chancen
    60 und Gefahren.
    61
    62 Konkret befragt nach positiven und negativen Erfahrungen
    63 ergab sich folgendes Bild:
    64
    65 • 64 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie
    66 ihr Wissen dank des Internets verbessern konnten.
    67
    68 • 38 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie durch das
    69 Internet die eigenen Leistungen in der Schule bzw. in der
    70 Ausbildung verbessert haben.
    71
    72 • 28 Prozent haben über das Internet neue Freunde
    73 kennengelernt.
    74
    75 Jeder vierte Jugendliche berichtet, dass in seinem
    76 Freundeskreis schon einmal jemand im
    77 Internet fertig gemacht wurde (JIM 2010). Allerdings machen
    78 die Befragungen auch deutlich,
    79 dass die Gefahrwahrnehmung der Jugendlichen und die von
    80 Eltern und öffentlichem Diskurs
    81 abweichen (Jugendliche verweisen der JIM Studie 2010 zufolge
    82 etwa eher von Abzocke und
    83 Datenmissbrauch/-manipulation sowie Viren als auf sexuelle
    84 Ansprache im Netz).
    85
    86 1.2.2. Insbesondere: Social Media
    87
    88 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    89 PG-Mitglieder.)
    90
    91 Innerhalb von Social Communities nehmen Kinder und
    92 Jugendliche deutliche
    93 Wertungsdifferenzierungen vor:
    94
    95 • Von den durchschnittlich gut 130 Personen in der
    96 Kontaktliste werden lediglich 36 von den Nutzern als gute
    97 und enge Freunde bezeichnet.
    98
    99 • Knapp jeder Fünfte ist über das Internet schon einmal
    100 beleidigt oder belästigt worden, acht Prozent der Befragten
    101 gaben an, dass über sie im Netz Lügen verbreitet wurden.
    102
    103 • Mit zunehmendem Alter und zunehmender Internetnutzung
    104 steigt auch der Anteil weiterer negativer Erlebnisse wir
    105 sexuelle Annäherung (zumeist auf gleicher Altersebene),
    106 Betrug (z. B. beim Einkaufen im Internet) oder die
    107 Veröffentlichung peinlicher Fotos.
    108
    109 • So bekennen acht Prozent der 16-18jährigen, dass bereits
    110 peinliche Fotos von ihnen im Netz durch Dritte
    111 veröffentlicht wurden. 10-12jährige kennen dieses Problem
    112 dagegen praktisch noch nicht.
    113
    114 [1] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
    115 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Studie_Jugend_2
    116 .0.pdf. Dort finden sich
    117 insbesondere auch Einzelheiten zu den Abstufungen zwischen
    118 den Altersgruppen.
    119
    120 Eine andere BITKOM-Studie [2] untersuchte im März 2010 das
    121 Zusammenwachsen der
    122 Lebens- und Technikwelten der Deutschen. Hier standen anders
    123 als bei der Untersuchung
    124 „Jugend 2.0“ auch die Erwachsenen und Senioren im Fokus. Die
    125 Ergebnisse waren ebenso
    126 markant.
    127
    128 • 58 Prozent der befragten Gesamtbevölkerung können sich ein
    129 Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen; für die
    130 14-29jährigen ist es sogar das wichtigste Medium (86
    131 Prozent).
    132
    133 • 62 Prozent gaben an, durch die Nutzung des Internets ihre
    134 Allgemeinbildung verbessert zu haben; 51 Prozent sagten dies
    135 über ihre berufliche Bildung.
    136
    137 • 44 Prozent konnten über das Internet berufliche Kontakte
    138 knüpfen; 57 Prozent Freundschaften auffrischen und 46
    139 Prozent ihre Freizeit/Hobbys bereichern.
    140
    141 • 48 Prozent der Internetnutzer geben an, vor einem größeren
    142 Kauf entsprechende
    143 Bewertungen anderer Verbraucher zu Rate zu ziehen; bei den
    144 Surfern ab 65 Jahren
    145 sind es sogar 65 Prozent.
    146
    147 Deutlich wurde in der Studie auch, dass die Mehrheit der
    148 Befragten (72 Prozent der Männer
    149 und 70 Prozent der Frauen) noch keine negativen Erfahrungen
    150 im Internet gemacht hat.
    151 Sexuellen Belästigungen, Beleidigungen, Lügen oder Mobbing
    152 im Web waren bislang nur
    153 wenige ausgesetzt.
    154
    155 Die Untersuchung zeigt zudem, dass heute 62 Prozent der 50
    156 bis 64jährigen online sind.
    157 Unter den Senioren über 65 Jahren ist jedoch nur jeder
    158 Dritte (32 Prozent) im Internet. Das
    159 bedeutet, dass die Erwachsenengeneration inzwischen gut
    160 vernetzt ist. Der digitale Graben
    161 bleibt indes bestehen, hat sich allerdings weiter nach
    162 hinten verschoben (65 Jahre und älter).
    163
    164 [2] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
    165 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Connected_World
    166 s_Extranet.pdf
    167
    168 Ein weiterer Aspekt der generationsübergreifenden
    169 Internetnutzung ist folgender: während
    170 Untersuchungen in den 1990er Jahren eine Tendenz zur
    171 Isolierung durch Online-Netzwerke
    172 belegten, zeigen jüngere Studien wie „Social Consequences of
    173 the Internet for Adolescents“
    174 von Patti Valkenburg und Jochen Peter (Universität
    175 Amsterdam, 2009) nun, dass soziale
    176 Netzwerke der Kontaktpflege vorrangig in der physikalischen
    177 Welt dienen.
    178
    179 Insgesamt betrachtet liegen die Chancen der Vernetzung im
    180 ungehinderten Austausch und in
    181 der Vielfalt der online verfügbaren Informationen bzw.
    182 Inhalte. Darüber hinaus bieten
    183 interaktive Medien niedrig schwellige Möglichkeiten der
    184 Wissensvermittlung, der
    185 Orientierung, der Kreativitätsförderung, der
    186 Bildungssozialisation sowie der Teilhabe an
    187 gesellschaftlichen und politischen Debatten.
    188
    189 In ihrer Abhängigkeit vom Netzzugang und den Endgeräten,
    190 beschränken sich die Chancen
    191 interaktiver Medien aber auf diejenigen, die sich Internet
    192 leisten können und denen die
    193 entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Eine
    194 Fokussierung gesellschaftlicher
    195 Teilhabe ohne die Definition des Internet (und damit dem
    196 Zugang zu interaktiven Medien)
    197 als Grundversorgung schließt diejenigen aus, denen die
    198 Mittel für den Onlinezugang und die
    199 notwendige Infrastruktur fehlen.
    200
    201 Das Projekt „Die Bedeutung des Internets für
    202 gesellschaftliche Teilhabe - am Beispiel
    203 alltäglicher Praktiken Erwerbsloser“ der TU Hamburg-Harburg
    204 beispielsweise zeigt, dass
    205 gerade auch Erwerbslose, die finanziell in ihrer Mobilität
    206 eingeschränkt sind, diese Chancen
    207 sehen und nach Möglichkeit nutzen, um so am
    208 gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
    209
    210 Medienkompetenz in Gesellschaft, öffentlichem Leben und
    211 Politik
    212
    213
    214 Interaktive Medien dienen der vielfältigen
    215 Informationsbeschaffung. Ebenso eröffnen sie
    216 breiten Bevölkerungsteilen ganz neue politische
    217 Beteiligungsformen. Sie sind geeignet,
    218 Entscheidungsprozesse von gesellschaftlicher Bedeutung
    219 transparent und nachvollziehbar
    220 werden zu lassen. Gleichzeitig schaffen sie die Möglichkeit,
    221 Meinungen zu verbreiten und
    222 damit die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Dies
    223 geschieht vor allem dadurch, dass
    224 Menschen unabhängig von Ort und Zeit direkt miteinander
    225 kommunizieren können.
    226
    227 (Kürzung des folgenden Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    228 PG-Mitglieder.)
    229
    230 Beispiele für diese Rolle interaktiver Medien gibt es
    231 unzählige. Zuletzt war es die
    232 Mobilisierung und Vernetzung der Protestierenden in den
    233 arabischen Staaten Nordafrikas,
    234 mit der die dortigen politischen Umbrüche eingeleitet und
    235 (bis zur Abschaltung der Netze)
    236 mit organisiert wurden. Darüber hinaus erweisen sich von
    237 weiten Teilen der Bevölkerung
    238 nutzbare digitale Medien als vormals nicht existierende
    239 Quellen für große Teile der
    240 Berichterstattung aus Krisengebieten, insbesondere wenn
    241 klassischer Journalismus durch
    242 Arbeitsverbote und Zensurmaßnahmen behindert oder unmöglich
    243 gemacht wird. Als ein
    244 anderes Beispiel politischer Partizipation, die durch
    245 interaktive Medien gestützt wird, wird
    246 oft der US-Präsidentschaftswahlkampf Barack Obamas 2008
    247 angeführt. Zwar war die
    248 Grundlage seiner Strategie die Überzeugung von Wählern an
    249 ihren Haustüren, die
    250 Organisation, Information und Motivation der eigenen
    251 Wahlkampfhelfer fand aber über
    252 interaktive Medien statt und hat eine außergewöhnliche
    253 Breite erreicht. Auch der Erfolg der
    254 E-Petitionen beim Deutschen Bundestag zeigt die Potentiale
    255 der Online-Beteiligung an
    256 politischen Prozessen. Bürgerbeteiligungen auf kommunaler
    257 und lokaler Ebene wie
    258 beispielsweise Bürgerhaushalte werden für größere
    259 Bevölkerungsteile attraktiv, wenn die
    260 dazugehörigen Informationen und Materialen orts- und
    261 zeitunabhängig nicht nur während
    262 der Öffnungszeiten eines Rathauses ausliegen, sondern online
    263 abruf- und bearbeitbar sind.
    264 Um an all diesen Facetten politischer Beteiligung aktiv
    265 teilnehmen zu können, braucht es
    266 einen entsprechenden kompetenten Umgang mit den
    267 dazugehörigen Medien.
    268
    269 Aber nicht nur die nahezu unbegrenzten
    270 Informationsmöglichkeiten und die Chance, über
    271 Kommentare, Foren oder eigens erstellte Blogs und Accounts
    272 in Online-Netzwerken an
    273 gesellschaftlichen Prozessen teilzuhaben, zeigen auf, wie
    274 wichtig Medienkompetenz für eine
    275 demokratische Teilhabe ist. Auch der Umstand, dass immer
    276 mehr Entscheidungsprozesse
    277 ganz oder zumindest teilweise digital stattfinden, machen
    278 die Wichtigkeit eines
    279 kompetenten Umgangs mit interaktiven Medien deutlich.
    280
    281 Dies reicht von nur noch digital verfügbaren Informationen
    282 und Hilfestellungen für Anträge
    283 bei Jobcentern, Versicherungen, Banken etc. über
    284 Meinungsbildungs- und Beteiligungsprozesse in beispielsweise
    285 öffentlichen Konsultationen oder kommunalen Bürgerhaushalten
    286 bis hin zu Abstimmungen und Wahlen. Letztere sind zwar
    287 bisher noch selten online. Projekte wie Liquid Feedback oder
    288 virtuelle Ortsverbände von Vereinen und Parteien aber
    289 existieren – und sie werden zahlreicher.
    290
    291 Medienkompetenz in Bildung,Wirtschaft und Arbeitsleben
    292
    293
    294 (Inhaltliche Straffung des Abschnitts durch PG-Mitglieder
    295 bis 16. März 2011.)
    296
    297 Medienkompetenz gilt heute als Querschnittkompetenz. Sie
    298 muss als Teil des Bildungskanons bei der Qualifizierung für
    299 den Beruf oder eine selbstständige unternehmerische
    300 Tätigkeit begriffen werden. Unternehmen aller Branchen sind
    301 heute darauf angewiesen, dass Arbeitnehmer verschiedene
    302 Fertigkeiten im Umgang mit Informationstechnologien im
    303 Allgemeinen und dem Internet im Besonderen als
    304 Begleitfähigkeit zu den jeweiligen berufsspezifischen
    305 fachlichen Kernkompetenzen mitbringen und nicht erst
    306 erwerben müssen. Im IT-Sektor bilden die entsprechenden
    307 Fähigkeiten regelmäßig selbst die maßgebliche fachliche
    308 Qualifikation.
    309
    310 Medienkompetenz in ihrer Dimension als Methodenkompetenz bei
    311 der Nutzung von
    312 Informationstechnologie, aber auch in ihrer Dimension als
    313 Bewertungskompetenz bildet vor
    314 diesem Hintergrund einen maßgeblichen Wirtschafts- und
    315 Standortfaktor für Deutschland.
    316 Sie ist eine Schlüsselqualifikation des High-Tech-Sektors
    317 und eine Basisqualifikation nahezu
    318 sämtlicher Wirtschaftsumfelder bis hin zum Handwerk. Die
    319 Kommission bewertet es daher
    320 als erfreulich, dass Kinder und Jugendliche das Internet und
    321 den Umgang damit als normalen
    322 Alltagsbestandteil empfinden, der mit sämtlichen anderen
    323 Lebensaktivitäten eng verbunden
    324 ist.
    325
    326 Darauf aufsetzend müssen Lernangebote in der Schule, in der
    327 Berufsausbildung, im Studium
    328 und in der Weiterbildung verstärkt Qualifikationen der
    329 professionellen Nutzung von IT und
    330 Internet vermitteln. Dies reicht von der Bedienung
    331 herkömmlicher Standard-Office- Anwendungen über
    332 Grundkenntnisse im Bereich Datenbanken und Customer
    333 Management bis hin zu Bereichen wie Web-Publishing und
    334 Social Media. Zu bevorzugen ist dabei immer eine Einbindung
    335 der Vermittlung von Methodenkompetenz entlang der fachlichen
    336 Qualifikation im Sinne des oben skizzierten verwobenen
    337 Ansatzes, IT und Internet als Alltagsmedien zu begreifen.
    338
    339 Ergänzend zur skizzierten Methodenkompetenz beinhaltet
    340 Medienkompetenz das Element
    341 einer Verständniskompetenz im Hinblick auf wirtschaftliche
    342 Zusammenhänge. In Deutschland fehlt es noch immer an einer
    343 Gründerkultur nach dem Vorbild der USA. Dies gilt
    344 insbesondere für den Medien-, IT- und Internet-Sektor.
    345 Gründe dafür sind zum einen strukturelle Anreizdefizite, zum
    346 anderen aber auch die fehlende Vermittlung von
    347 Wirtschaftskompetenz in den Schulen und Universitäten. Wie
    348 refinanziert sich Content? Wie funktioniert Werbung im
    349 Internet? Was bedeutet Cloud-Computing als Geschäftsmodell?
    350 Wie gründet man erfolgreich ein Startup? Solche und
    351
    352 ähnliche Fragestellungen müssen stärker und früher in die
    353 Lehrpläne der schulischen und universitären Ausbildung
    354 integriert werden.
    355
    356 Der kompetente Umgang mit interaktiven Medien in Bildung und
    357 Wirtschaft bietet sowohl Ausbildungseinrichtungen als auch
    358 Unternehmen neue Möglichkeiten des gemeinsamen Arbeitens:
    359
    360 • größere Chancen bei der Teilung von Wissen, Fähig- und
    361 Fertigkeiten innerhalb von
    362 Schulen, Universitäten, Unternehmen etc.,
    363 • neue Lern- und Lehrkultur durch interaktive Medien,
    364 • orts- und zeitunabhängige Vernetzung von Schülern,
    365 Auszubildenden oder
    366 Mitarbeitern insbesondere bei dezentralen und/oder
    367 internationalen Strukturen,
    368 • dynamisches und innovatives Umfeld für neue
    369 Geschäftsmodelle oder
    370 Weiterentwicklung vorhandener Geschäftsmodelle durch
    371 ständige technische
    372 Innovationen,
    373 • bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
    374 (Online-Seminare, Virtuelle
    375 Akademien etc.).
    376
    377 Medienkompetenz gilt vor bildungspolitischem und
    378 wirtschaftlichem Hintergrund als Querschnittkompetenz. Da
    379 sie theoretische und in Zeiten der digitalen Mitmach-Medien
    380 immer mehr praktische Fähigkeiten umfasst, beinhaltet sie
    381 neben den althergebrachten grundlegenden Kulturtechniken
    382 (Lesen, Schreiben und Rechnen) auch Technikkompetenz im
    383 Umgang mit den Programmen und Geräten, die für die Nutzung
    384 interaktiver Medien notwendig sind.
    385
    386 Zudem muss sie kognitive Fähigkeiten, wie die richtige
    387 Filterung von Angeboten nach der situationsgegebenen
    388 Relevanz, nach den Interessen der Informationsanbieter und
    389 den eigenen Interessen etc. beinhalten. Nicht zuletzt sollte
    390 sich Medienkompetenz nicht zu sehr an konkreten medialen
    391 Angeboten orientieren, da sich mit der digitalen Entwicklung
    392 voraussichtlich auch die Medienformen beschleunigt wandeln
    393 werden. Ein Schwerpunkt muss also stets die Vermittlung von
    394 Grundlagenwissen sein.
    395
    396 Die Breite an Informationen, die Möglichkeit über gezielte
    397 Suchanfragen auch auf Expertenwissen jenseits der
    398 allgemeinen Aufmerksamkeit zu gelangen sowie die Tatsache,
    399 dass immer mehr Wissen (auch gefördert durch Open
    400 Access-Projekte etc.) zuerst oder gar ausschließlich online
    401 zur Verfügung steht, zeigt, wie wichtig Medienkompetenz als
    402 Voraussetzung zur Nutzung der Ressource Wissen in einer
    403 digitalen Welt ist. Medienkompetenz ist hier zugleich auch
    404 Informationskompetenz.
  • 2.1.2 Chancen interaktiver Medien (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Interaktive Medien bieten vielfältigste Potentiale, aber
    2 auch spezifische Risiken für die unterschiedlichen
    3 Nutzergruppen. Dabei differiert die Bewertung naturgemäß,
    4 je nachdem ob eine Eigeneinschätzung des Endnutzers oder
    5 eine Fremdbewertung, zum Beispiel durch Eltern oder
    6 Erzieher, vorgenommen wird.
    7
    8 1.2.1. Stellenwert Internet-basierter Kommunikation
    9 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    10 PG-Mitglieder.)
    11
    12
    13 Als Ausgangserkenntnis ist für die Kommission von
    14 besonderer Bedeutung, dass Kinder und Jugendliche selbst
    15 das Internet in erster Linie als nicht mehr wegzudenkende
    16 Bereicherung sowie als hilfreiches Instrument im
    17 gesellschaftlichen wie auch Lernalltag begreifen. Anders
    18 ausgedrückt: Das Netz ist für Kinder und Jugendliche
    19 Normalität. Entsprechend dominieren Positiverfahrungen
    20 sowie die Forderung nach stärkerer Einbeziehung des
    21 Alltagsmediums Internet in das Schul- und Ausbildungsumfeld
    22 die Bewertung und Erwartungshaltung von Kindern und
    23 Jugendlichen.
    24
    25 Jugendliche zwischen 12- bis 19 verbrachten 2010
    26 durchschnittlich 138 Minuten im Internet (JIM 2010). Auch
    27 die Jüngeren sind zunehmend im Netz: Nach Schätzung der
    28 befragten Haupterzieher verbringen die Sechs- bis
    29 13-Jährigen durchschnittlich 24 Minuten pro Tag im Internet
    30 (KIM 2010). Ein Viertel der Sechs- bis 13-Jährigen will
    31 nicht mehr auf Computer und Internet verzichten (KIM 2010).
    32 Dessen ungeachtet sielt allerdings auch das traditionelle
    33 Medium Fernsehen weiterhin eine zentrale Rolle.
    34
    35 Eine Umfrage des BITKOM [1] im November 2010 bestätigt und
    36 differenziert diese Befunde:
    37
    38 • 43 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, sich ein
    39 Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen zu können. In der
    40 Gruppe der 16-18-Jährigen sagen dies sogar 55 Prozent.
    41
    42 • 98 Prozent der Jugendlichen sind in besonderemMaße
    43 Freundschaften und Familie (96 Prozent) wichtig, 86 Prozent
    44 sagen dies vom Internetzugang.
    45
    46 • Der Internetzugang ist Jugendlichen damit fast genauso
    47 wichtig wie gute Schulnoten (93 Prozent).
    48
    49 Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche das
    50 Internet als normales Instrument ihres Alltags begreifen.
    51 Dementsprechend prägt auch Normalität die Bewertung der
    52 Chancen und Gefahren.
    53
    54 Konkret befragt nach positiven und negativen Erfahrungen
    55 ergab sich folgendes Bild:
    56
    57 • 64 Prozent der Kinder und Jugendlichen geben an, dass sie
    58 ihr Wissen dank des Internets verbessern konnten.
    59
    60 • 38 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie durch das
    61 Internet die eigenen Leistungen in der Schule bzw. in der
    62 Ausbildung verbessert haben.
    63
    64 • 28 Prozent haben über das Internet neue Freunde
    65 kennengelernt.
    66
    67 Jeder vierte Jugendliche berichtet, dass in seinem
    68 Freundeskreis schon einmal jemand im Internet fertig
    69 gemacht wurde (JIM 2010). Allerdings machen die Befragungen
    70 auch deutlich, dass die Gefahrwahrnehmung der Jugendlichen
    71 und die von Eltern und öffentlichem Diskurs abweichen
    72 (Jugendliche verweisen der JIM Studie 2010 zufolge etwa
    73 eher von Abzocke und Datenmissbrauch/-manipulation sowie
    74 Viren als auf sexuelle Ansprache im Netz).
    75
    76 1.2.2. Insbesondere: Social Media
    77
    78 (Überarbeitung des Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    79 PG-Mitglieder.)
    80
    81
    82 Innerhalb von Social Communities nehmen Kinder und
    83 Jugendliche deutliche
    84 Wertungsdifferenzierungen vor:
    85
    86 • Von den durchschnittlich gut 130 Personen in der
    87 Kontaktliste werden lediglich 36 von den Nutzern als gute
    88 und enge Freunde bezeichnet.
    89
    90 • Knapp jeder Fünfte ist über das Internet schon einmal
    91 beleidigt oder belästigt worden, acht Prozent der Befragten
    92 gaben an, dass über sie im Netz Lügen verbreitet wurden.
    93
    94 • Mit zunehmendem Alter und zunehmender Internetnutzung
    95 steigt auch der Anteil weiterer negativer Erlebnisse wir
    96 sexuelle Annäherung (zumeist auf gleicher Altersebene),
    97 Betrug (z. B. beim Einkaufen im Internet) oder die
    98 Veröffentlichung peinlicher Fotos.
    99
    100 • So bekennen acht Prozent der 16-18jährigen, dass bereits
    101 peinliche Fotos von ihnen im Netz durch Dritte
    102 veröffentlicht wurden. 10-12jährige kennen dieses Problem
    103 dagegen praktisch noch nicht.
    104
    105 [1] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
    106 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Studie_Jugend_2
    107 .0.pdf. Dort finden sich insbesondere auch Einzelheiten zu
    108 den Abstufungen zwischen den Altersgruppen.
    109
    110 Eine andere BITKOM-Studie [2] untersuchte im März 2010 das
    111 Zusammenwachsen der Lebens- und Technikwelten der
    112 Deutschen. Hier standen anders als bei der Untersuchung
    113 „Jugend 2.0“ auch die Erwachsenen und Senioren im Fokus.
    114 Die Ergebnisse waren ebenso markant.
    115
    116 • 58 Prozent der befragten Gesamtbevölkerung können sich
    117 ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen; für die
    118 14-29jährigen ist es sogar das wichtigste Medium (86
    119 Prozent).
    120
    121 • 62 Prozent gaben an, durch die Nutzung des Internets ihre
    122 Allgemeinbildung verbessert zu haben; 51 Prozent sagten
    123 dies über ihre berufliche Bildung.
    124
    125 • 44 Prozent konnten über das Internet berufliche Kontakte
    126 knüpfen; 57 Prozent Freundschaften auffrischen und 46
    127 Prozent ihre Freizeit/Hobbys bereichern.
    128
    129 • 48 Prozent der Internetnutzer geben an, vor einem
    130 größeren Kauf entsprechende Bewertungen anderer Verbraucher
    131 zu Rate zu ziehen; bei den Surfern ab 65 Jahren sind es
    132 sogar 65 Prozent.
    133
    134 Deutlich wurde in der Studie auch, dass die Mehrheit der
    135 Befragten (72 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen)
    136 noch keine negativen Erfahrungen im Internet gemacht hat.
    137 Sexuellen Belästigungen, Beleidigungen, Lügen oder Mobbing
    138 im Web waren bislang nur wenige ausgesetzt.
    139
    140 Die Untersuchung zeigt zudem, dass heute 62 Prozent der 50
    141 bis 64jährigen online sind. Unter den Senioren über 65
    142 Jahren ist jedoch nur jeder Dritte (32 Prozent) im
    143 Internet. Das bedeutet, dass die Erwachsenengeneration
    144 inzwischen gut vernetzt ist. Der digitale Graben bleibt
    145 indes bestehen, hat sich allerdings weiter nach hinten
    146 verschoben (65 Jahre und älter).
    147
    148 [2] Die Studienergebnisse sind zusammengefasst unter:
    149 http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Connected_World
    150 s_Extranet.pdf
    151
    152 Ein weiterer Aspekt der generationsübergreifenden
    153 Internetnutzung ist folgender: während Untersuchungen in
    154 den 1990er Jahren eine Tendenz zur Isolierung durch
    155 Online-Netzwerke belegten, zeigen jüngere Studien wie
    156 „Social Consequences of the Internet for Adolescents“ von
    157 Patti Valkenburg und Jochen Peter (Universität Amsterdam,
    158 2009) nun, dass soziale Netzwerke der Kontaktpflege
    159 vorrangig in der physikalischen Welt dienen.
    160
    161 Insgesamt betrachtet liegen die Chancen der Vernetzung im
    162 ungehinderten Austausch und in der Vielfalt der online
    163 verfügbaren Informationen bzw. Inhalte. Darüber hinaus
    164 bieten interaktive Medien niedrig schwellige Möglichkeiten
    165 der Wissensvermittlung, der Orientierung, der
    166 Kreativitätsförderung, der Bildungssozialisation sowie der
    167 Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Debatten.
    168
    169 In ihrer Abhängigkeit vom Netzzugang und den Endgeräten,
    170 beschränken sich die Chancen interaktiver Medien aber auf
    171 diejenigen, die sich Internet leisten können und denen die
    172 entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Eine
    173 Fokussierung gesellschaftlicher Teilhabe ohne die
    174 Definition des Internet (und damit dem Zugang zu
    175 interaktiven Medien) als Grundversorgung schließt
    176 diejenigen aus, denen die Mittel für den Onlinezugang und
    177 die notwendige Infrastruktur fehlen.
    178
    179 Das Projekt „Die Bedeutung des Internets für
    180 gesellschaftliche Teilhabe - am Beispiel alltäglicher
    181 Praktiken Erwerbsloser“ der TU Hamburg-Harburg
    182 beispielsweise zeigt, dass gerade auch Erwerbslose, die
    183 finanziell in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, diese
    184 Chancen sehen und nach Möglichkeit nutzen, um so am
    185 gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
    186
    187 Medienkompetenz in Gesellschaft, öffentlichem Leben und
    188 Politik
    189
    190
    191 Interaktive Medien dienen der vielfältigen
    192 Informationsbeschaffung. Ebenso eröffnen sie breiten
    193 Bevölkerungsteilen ganz neue politische Beteiligungsformen.
    194 Sie sind geeignet, Entscheidungsprozesse von
    195 gesellschaftlicher Bedeutung transparent und
    196 nachvollziehbar werden zu lassen. Gleichzeitig schaffen sie
    197 die Möglichkeit, Meinungen zu verbreiten und
    198 damit die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Dies
    199 geschieht vor allem dadurch, dass Menschen unabhängig von
    200 Ort und Zeit direkt miteinander kommunizieren können.
    201
    202 (Kürzung des folgenden Abschnitts bis 16. März 2011 durch
    203 PG-Mitglieder.)
    204
    205 Beispiele für diese Rolle interaktiver Medien gibt es
    206 unzählige. Zuletzt war es die
    207 Mobilisierung und Vernetzung der Protestierenden in den
    208 arabischen Staaten Nordafrikas, mit der die dortigen
    209 politischen Umbrüche eingeleitet und (bis zur Abschaltung
    210 der Netze) mit organisiert wurden. Darüber hinaus erweisen
    211 sich von weiten Teilen der Bevölkerung nutzbare digitale
    212 Medien als vormals nicht existierende Quellen für große
    213 Teile der Berichterstattung aus Krisengebieten,
    214 insbesondere wenn klassischer Journalismus durch
    215 Arbeitsverbote und Zensurmaßnahmen behindert oder unmöglich
    216 gemacht wird. Als ein
    217 anderes Beispiel politischer Partizipation, die durch
    218 interaktive Medien gestützt wird, wird oft der
    219 US-Präsidentschaftswahlkampf Barack Obamas 2008 angeführt.
    220 Zwar war die Grundlage seiner Strategie die Überzeugung von
    221 Wählern an ihren Haustüren, die Organisation, Information
    222 und Motivation der eigenen Wahlkampfhelfer fand aber über
    223 interaktive Medien statt und hat eine außergewöhnliche
    224 Breite erreicht. Auch der Erfolg der E-Petitionen beim
    225 Deutschen Bundestag zeigt die Potentiale der
    226 Online-Beteiligung an politischen Prozessen.
    227 Bürgerbeteiligungen auf kommunaler und lokaler Ebene wie
    228 beispielsweise Bürgerhaushalte werden für größere
    229 Bevölkerungsteile attraktiv, wenn die dazugehörigen
    230 Informationen und Materialen orts- und zeitunabhängig nicht
    231 nur während der Öffnungszeiten eines Rathauses ausliegen,
    232 sondern online abruf- und bearbeitbar sind. Um an all
    233 diesen Facetten politischer Beteiligung aktiv teilnehmen zu
    234 können, braucht es einen entsprechenden kompetenten Umgang
    235 mit den dazugehörigen Medien.
    236
    237 Aber nicht nur die nahezu unbegrenzten
    238 Informationsmöglichkeiten und die Chance, über Kommentare,
    239 Foren oder eigens erstellte Blogs und Accounts in
    240 Online-Netzwerken an gesellschaftlichen Prozessen
    241 teilzuhaben, zeigen auf, wie wichtig Medienkompetenz für
    242 eine demokratische Teilhabe ist. Auch der Umstand, dass
    243 immer mehr Entscheidungsprozesse ganz oder zumindest
    244 teilweise digital stattfinden, machen die Wichtigkeit eines
    245 kompetenten Umgangs mit interaktiven Medien deutlich.
    246
    247 Dies reicht von nur noch digital verfügbaren Informationen
    248 und Hilfestellungen für Anträge bei Jobcentern,
    249 Versicherungen, Banken etc. über Meinungsbildungs- und
    250 Beteiligungsprozesse in beispielsweise öffentlichen
    251 Konsultationen oder kommunalen Bürgerhaushalten bis hin zu
    252 Abstimmungen und Wahlen. Letztere sind zwar bisher noch
    253 selten online. Projekte wie Liquid Feedback oder virtuelle
    254 Ortsverbände von Vereinen und Parteien aber existieren –
    255 und sie werden zahlreicher.
    256
    257 Medienkompetenz in Bildung,Wirtschaft und Arbeitsleben
    258
    259
    260 (Inhaltliche Straffung des Abschnitts durch PG-Mitglieder
    261 bis 16. März 2011.)
    262
    263 Medienkompetenz gilt heute als Querschnittkompetenz. Sie
    264 muss als Teil des Bildungskanons bei der Qualifizierung für
    265 den Beruf oder eine selbstständige unternehmerische
    266 Tätigkeit begriffen werden. Unternehmen aller Branchen sind
    267 heute darauf angewiesen, dass Arbeitnehmer verschiedene
    268 Fertigkeiten im Umgang mit Informationstechnologien im
    269 Allgemeinen und dem Internet im Besonderen als
    270 Begleitfähigkeit zu den jeweiligen berufsspezifischen
    271 fachlichen Kernkompetenzen mitbringen und nicht erst
    272 erwerben müssen. Im IT-Sektor bilden die entsprechenden
    273 Fähigkeiten regelmäßig selbst die maßgebliche fachliche
    274 Qualifikation.
    275
    276 Medienkompetenz in ihrer Dimension als Methodenkompetenz
    277 bei der Nutzung von Informationstechnologie, aber auch in
    278 ihrer Dimension als Bewertungskompetenz bildet vor diesem
    279 Hintergrund einen maßgeblichen Wirtschafts- und
    280 Standortfaktor für Deutschland. Sie ist eine
    281 Schlüsselqualifikation des High-Tech-Sektors und eine
    282 Basisqualifikation nahezu sämtlicher Wirtschaftsumfelder
    283 bis hin zum Handwerk. Die Kommission bewertet es daher als
    284 erfreulich, dass Kinder und Jugendliche das Internet und
    285 den Umgang damit als normalen Alltagsbestandteil empfinden,
    286 der mit sämtlichen anderen Lebensaktivitäten eng verbunden
    287 ist.
    288
    289 Darauf aufsetzend müssen Lernangebote in der Schule, in der
    290 Berufsausbildung, im Studium und in der Weiterbildung
    291 verstärkt Qualifikationen der professionellen Nutzung von
    292 IT und Internet vermitteln. Dies reicht von der Bedienung
    293 herkömmlicher Standard-Office- Anwendungen über
    294 Grundkenntnisse im Bereich Datenbanken und Customer
    295 Management bis hin zu Bereichen wie Web-Publishing und
    296 Social Media. Zu bevorzugen ist dabei immer eine Einbindung
    297 der Vermittlung von Methodenkompetenz entlang der
    298 fachlichen Qualifikation im Sinne des oben skizzierten
    299 verwobenen Ansatzes, IT und Internet als Alltagsmedien zu
    300 begreifen.
    301
    302 Ergänzend zur skizzierten Methodenkompetenz beinhaltet
    303 Medienkompetenz das Element einer Verständniskompetenz im
    304 Hinblick auf wirtschaftliche Zusammenhänge. In Deutschland
    305 fehlt es noch immer an einer Gründerkultur nach dem Vorbild
    306 der USA. Dies gilt insbesondere für den Medien-, IT- und
    307 Internet-Sektor. Gründe dafür sind zum einen strukturelle
    308 Anreizdefizite, zum anderen aber auch die fehlende
    309 Vermittlung von Wirtschaftskompetenz in den Schulen und
    310 Universitäten. Wie refinanziert sich Content? Wie
    311 funktioniert Werbung im Internet? Was bedeutet
    312 Cloud-Computing als Geschäftsmodell? Wie gründet man
    313 erfolgreich ein Startup? Solche und
    314
    315 ähnliche Fragestellungen müssen stärker und früher in die
    316 Lehrpläne der schulischen und universitären Ausbildung
    317 integriert werden.
    318
    319 Der kompetente Umgang mit interaktiven Medien in Bildung
    320 und Wirtschaft bietet sowohl Ausbildungseinrichtungen als
    321 auch Unternehmen neue Möglichkeiten des gemeinsamen
    322 Arbeitens:
    323
    324 • größere Chancen bei der Teilung von Wissen, Fähig- und
    325 Fertigkeiten innerhalb von Schulen, Universitäten,
    326 Unternehmen etc.,
    327
    328 • neue Lern- und Lehrkultur durch interaktive Medien,
    329
    330 • orts- und zeitunabhängige Vernetzung von Schülern,
    331 Auszubildenden oder
    332 Mitarbeitern insbesondere bei dezentralen und/oder
    333 internationalen Strukturen,
    334
    335 • dynamisches und innovatives Umfeld für neue
    336 Geschäftsmodelle oder
    337 Weiterentwicklung vorhandener Geschäftsmodelle durch
    338 ständige technische
    339 Innovationen,
    340
    341 • bessere Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung
    342 (Online-Seminare, Virtuelle
    343 Akademien etc.).
    344
    345 Medienkompetenz gilt vor bildungspolitischem und
    346 wirtschaftlichem Hintergrund als Querschnittkompetenz. Da
    347 sie theoretische und in Zeiten der digitalen Mitmach-Medien
    348 immer mehr praktische Fähigkeiten umfasst, beinhaltet sie
    349 neben den althergebrachten grundlegenden Kulturtechniken
    350 (Lesen, Schreiben und Rechnen) auch Technikkompetenz im
    351 Umgang mit den Programmen und Geräten, die für die Nutzung
    352 interaktiver Medien notwendig sind.
    353
    354 Zudem muss sie kognitive Fähigkeiten, wie die richtige
    355 Filterung von Angeboten nach der situationsgegebenen
    356 Relevanz, nach den Interessen der Informationsanbieter und
    357 den eigenen Interessen etc. beinhalten. Nicht zuletzt
    358 sollte sich Medienkompetenz nicht zu sehr an konkreten
    359 medialen Angeboten orientieren, da sich mit der digitalen
    360 Entwicklung voraussichtlich auch die Medienformen
    361 beschleunigt wandeln werden. Ein Schwerpunkt muss also
    362 stets die Vermittlung von Grundlagenwissen sein.
    363
    364 Die Breite an Informationen, die Möglichkeit über gezielte
    365 Suchanfragen auch auf Expertenwissen jenseits der
    366 allgemeinen Aufmerksamkeit zu gelangen sowie die Tatsache,
    367 dass immer mehr Wissen (auch gefördert durch Open
    368 Access-Projekte etc.) zuerst oder gar ausschließlich online
    369 zur Verfügung steht, zeigt, wie wichtig Medienkompetenz als
    370 Voraussetzung zur Nutzung der Ressource Wissen in einer
    371 digitalen Welt ist. Medienkompetenz ist hier zugleich auch
    372 Informationskompetenz.